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Politik: Abschied von einem guten Freund

Wegen des Kriegskurses seiner Regierung gibt Robin Cook sein Ministeramt auf – und der Druck auf Blair wächst

IRAK – TAGE DER ENTSCHEIDUNG

Großbritanniens Premier Tony Blair wird sich an diesem Dienstag in einer historischen Unterhausdebatte um ein Mandat für einen Irak-Krieg ohne UN-Resolution bemühen. „Der Premier wird das Parlament und das Land um Unterstützung für die Entwaffnung Saddam Husseins ersuchen“, sagte Vizepremier John Prescott nach einer Dringlichkeitssitzung des Kabinetts vor Nummer 10 Downing Street. Lautstarke Protestrufe unterstrichen den formidablen Widerstand, den Blair nun in Partei und Bevölkerung überwinden muss.

Der britische Außenminister Jack Straw teilte dem Unterhaus noch am Montagabend mit, man habe „mit Bedauern“ den Entwurf für eine zweite UN-Resolution im Sicherheitsrat zurückgezogen. Dabei machte Straw erneut die Haltung Frankreichs für die, wie er sagte, „Lähmung“ des Sicherheitsrates verantwortlich. Das Parlament wird in der Debatte aufgefordert, die Bemühungen Großbritanniens um eine UN-Resolution zum Nachkriegsszenario im Irak zu unterstützen. Darin geht es um die territoriale Integrität des Iraks, humanitäre Hilfe sowie die Verwaltung der Ölquellen.

Bereits am Montagnachmittag hatte Parlamentsminister Robin Cook das erste klare Zeichen des Widerstands gegen Blairs Politik gesetzt und seinen Rücktritt angekündigt. Blair bedauerte Cooks Entschluss und würdigte ihn als „guten Freund und Kollegen“.

„Die offensichtliche Bedeutung, die wir einer zweiten Resolution beigemessen haben, macht es umso schwieriger, ohne sie und ohne Billigung eines anderen internationalen Forums weiterzumachen“, schrieb Cook in seinem Rücktrittsgesuch – eine Anspielung auf den Kosovokrieg, der in Cooks Amtszeit als Außenminister ohne UN-Resolution, aber mit Billigung der Nato gestartet wurde.

Cook könnte sich nun zum Anführer einer Anti-Blair Fraktion in der Labourpartei machen. Etwa 150 Abgeordnete dürften heute gegen Blair stimmen. Sind es mehr als 165, wäre Blairs Rückhalt in der Partei gefährlich untergraben. Bei über 170 Gegenstimmen wäre der Premier auf die Unterstützung der Konservativen angewiesen. Eine regelrechte Abstimmungsniederlage ist unwahrscheinlich. Sie würde zur Vertrauensfrage und logischerweise zum Rücktritt Blairs führen.

Unklar war gestern die Position von Entwicklungsministerin Clare Short. Vor einer Woche hatte sie in einer emotionalen Attacke ihren Rücktritt angedroht – doch gestern nahm sie an der Kabinettssitzung teil, als sei nichts geschehen. Short könnte durch die Versicherungen des amerikanischen Präsidenten George Bush bei der Stange gehalten werden, dass die UN eine tragende Rolle im Nachkriegsszenario spielen sollen. Darin, und in Bushs Verpflichtung auf eine Nahostinitiative, zeigt sich, wie Blair seinen Einfluss in nun einzusetzen gedenkt. Das dürfte auch manche seiner Kritiker beeindrucken.

Für Blair spricht auch, dass es keinen starken Alternativkandidaten gibt. Labour-Abgeordnete werden sich am Montag wohl auch an den Rücktritt eines anderen Parlamentsministers erinnert haben. Sir Geoffrey Howe war 1990 in der gleichen Position wie Cook. Sein Rücktritt war der erste Streich im Putsch gegen Margaret Thatcher. Und die Labour-Abgeordneten sehen im Unterhaus jeden Tag, dass sich die einst so starken Tories davon bis heute nicht erholt haben.

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