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Politik: Abstimmung über den Sparkurs

Kommunalwahlen in Portugal Test für die Regierung.

Madrid - Eine Woche nach der Deutschlandwahl, bei der auch Angela Merkels europäische Sparpolitik auf den Prüfstand kam, steht am Sonntag ein wichtiger Stimmungstest im Krisenland Portugal an. Die Portugiesen stimmen über die Macht in den Rathäusern ab, und Umfragen deuten darauf hin, dass sich diese Kommunalwahl in eine Abrechnung mit der auf Merkel-Kurs liegenden konservativen Reformregierung in Lissabon verwandeln könnte.

Das wäre auch eine Abfuhr an die Gläubiger-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, welche sich mit immer neuen Sparvorgaben in Portugal unbeliebt machten. Entsprechend war das verbreitete Protestmotto „Troika, schert euch zum Teufel“ im Wahlkampf der Oppositionsparteien öfter zu hören. Portugal war 2011 mit einem 78-Milliarden-Euro-Kredit vor der Staatspleite bewahrt worden.

Schon länger bläst Regierungschef Pedro Passos Coelho, der mit harten Kürzungen gegen den Schuldenberg kämpft, der Wind ins Gesicht. Passos Coelho, der 2011 mit seiner konservativen Koalition aus PSD und PP eine absolute Mehrheit holte, hat inzwischen das Volk gegen sich: Eine Front aus Arbeitgebern, Gewerkschaften, Kirche und der linken Opposition mit den Sozialisten an der Spitze stellt die radikale Sparpolitik infrage.

Denn zwei Jahre nach Beginn der Leidenstour mit mehr Steuern, weniger sozialen Leistungen und Einkommensverlusten ist noch kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Armut, Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftsflaute bringen sogar immer mehr Familien an den Rand des Abgrundes. Von Europas „eiserner Lady“ Merkel wird neues Unheil erwartet. „Basta“, rufen die Demonstranten. „Wir können nicht mehr.“

Passos Coelho schaffte es zwar, die Neuverschuldung von 9,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2010 auf 6,4 Prozent 2012 zu stutzen. Bis 2014 soll das Haushaltsdefizit sogar Richtung vier Prozent sinken. Aber die Gesamtverschuldung liegt inzwischen bei über 125 Prozent des BIP, was die Finanzmärkte beunruhigt. Das befürchtete Debakel der Regierungsparteien in der Kommunalwahl am Sonntag dürfte das Misstrauen der Märkte weiter schüren.

Mitte 2014 läuft das Rettungsprogramm der Troika aus und Portugals Traum, sich dann wieder zu erträglichen Zinsen an den Geldmärkten finanzieren zu können, rückt derzeit in weite Ferne. Wenn also kein Wunder eintritt, wird Portugal wohl ein zweites Rettungspaket brauchen. Diskrete Gespräche darüber laufen schon, auch wenn bisher nur von einer neuen „vorsorglichen Kreditlinie“ die Rede ist. Ralph Schulze

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