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Abstimmung über Fiskalpakt: Der Preis ist heiß

Die Bundesregierung braucht im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit für den EU-Fiskalpakt. Für ihre Zustimmung fordern SPD und Grüne einen Preis.

Es soll ein Pakt sein, der die EU-Staaten zum Sparen zwingt. Der Fiskalpakt, den Angela Merkel und 24 weitere Staats- und Regierungschefs vor einer Woche in Brüssel unterzeichnet haben, hat aber auf der innenpolitischen Bühne in Berlin zunächst einmal eine andere Wirkung: Er zwingt die Regierung und die Opposition an den Verhandlungstisch.

Der Fiskalpakt benötigt im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit; damit hat es in erster Linie die SPD in der Hand, die Ratifizierung des Vertrags in Deutschland sicherzustellen. Für die Kanzlerin, die den Pakt binnen weniger Monate bei ihren EU-Partnern durchgesetzt hat, käme ein Scheitern im Bundestag einer politischen Katastrophe gleich. Und auch wenn allgemein nicht damit gerechnet wird, dass die SPD sich bei der Ende Mai erwarteten Abstimmung verweigern wird, so ist doch sicher: Die Sozialdemokraten, die sich beim innenpolitischen Ringen um den Fiskalpakt eng mit den Grünen abstimmen wollen, werden einen Preis für ihre Zustimmung verlangen.

Weil sie auf das Placet der Opposition angewiesen ist, hat Merkel der SPD und den Grünen schon einmal Gesprächsbereitschaft signalisiert. Allerdings zeigen die Rauchzeichen aus den Koalitionsfraktionen, dass SPD und Grüne den Preis für ihre Zustimmung doch bitte schön nicht zu hoch treiben sollen. So appelliert der FDP-Europapolitiker Joachim Spatz an das europapolitische Verantwortungsgefühl der Opposition und spricht vom „Wohl des Kontinents“, das auf dem Spiel stehe. Auch CDU-Mann Gunther Krichbaum weist schon einmal vorsorglich darauf hin, dass es bei den europäischen Schwesterparteien von SPD und Grünen wohl kaum gut ankäme, wenn sie sich dem Fiskalpakt verweigern würden.

Erschwerend kommt für SPD und Grüne noch hinzu, dass der Fiskalpakt an sich für Deutschland eigentlich gar nichts Neues darstellt. Die deutsche Schuldenbremse, die ab 2016 im Bund und ab 2020 in den Ländern greift, ist sogar noch strikter gestaltet als der Fiskalpakt. Trotzdem wollen SPD und Grüne Nachbesserungen im Gegenzug für eine Zustimmung zum Pakt verlangen. Selbst die größten Befürworter von Schuldenbremsen unter den Sozialdemokraten glaubten schließlich nicht, dass allein der Rotstift die Euro-Zone vor neuen Krisen bewahren könne, sagt der europapolitische Sprecher Michael Roth zur Begründung.

Deshalb unterstützt Roth im Grundsatz auch die Forderung des sozialistischen französischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande, den Fiskalpakt um Bestimmungen zur Förderung des Wirtschaftswachstums zu ergänzen. Der SPD-Politiker kennt allerdings die parteitaktische Gefahr, die sich mit einer derartigen Forderung verbindet: „Wir können das wunderbar in einen Entschließungsantrag hineinschreiben, aber am Ende entscheidet darüber Merkel in Brüssel nicht alleine.“ Mit anderen Worten: Wenn die Kanzlerin die Forderungen der Opposition nach mehr Wachstumsimpulsen nach dem Votum im Bundestag auf europäischer Ebene nicht verwirklichen kann, „dann haben wir zwar dem Fiskalpakt zugestimmt, aber nichts dafür bekommen“.

Damit die SPD nach einem Ja zum Pakt tatsächlich mit handfesten Verhandlungsergebnissen dasteht, möchte der Europapolitiker Roth auch innenpolitische Zugeständnisse von Union und FDP sehen. So solle die Parlamentsbeteiligung bei EU-Entscheidungen zur Euro-Rettung gestärkt werden; zudem müsse es noch in dieser Legislaturperiode zur Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes kommen.

Und schließlich verlangen SPD und Grüne – nicht zum ersten Mal – die Einführung einer Finanztransaktionssteuer innerhalb der Euro-Zone. Diese Forderung hat zwar aus Sicht der Opposition den taktischen Vorzug, dass sie einen Keil zwischen Union und FDP treibt: Merkel hat zwischenzeitlich ihre Sympathie für die Einführung der Steuer innerhalb der Euro-Zone erkennen lassen, während die FDP dies strikt ablehnt. Aber ob eine Börsensteuer auf internationaler Ebene kommt, hängt zunächst von den EU-Finanzministern ab – und die dürften so schnell nicht zu Potte kommen. Am Dienstag wollen sie sich erneut mit der Finanztransaktionssteuer befassen. Ein Beschluss, der einer Einführung der Steuer innerhalb der Euro-Zone den Weg ebnen würde, ist aber nicht geplant.

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