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Abstimmung über Konzession: Europa streitet um Wasserversorgung

Die Kampagne gegen eine europaweite Ausschreibung der Wasserversorgung hat sich massiv verschärft. Das EU-Parlament hat nun über die Vergaberichtlinien abgestimmt. Und Kritiker befürchten weitere Privatisierungen.

In den vergangenen Wochen haben Abgeordnete und die europäische Bürgerinitiative right2water.eu ihre Kampagne gegen eine europaweite Ausschreibung der Wasserversorgung massiv verschärft und damit eine öffentliche Debatte ausgelöst. Begleitet von gegenseitigen Vorwürfen und Beschuldigungen hat nun der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments am Donnerstag über die sogenannte Konzessionsrichtlinie abgestimmt. Dem Ausschussvotum kommt besondere Bedeutung zu, denn normalerweise folgt ihm das gesamte Plenum, das laut Plan im April abstimmen soll. Die Minister der 27 EU-Regierungen haben dem großen Gesetzespaket zum Vergaberecht bereits zugestimmt.

Das Gesetz stellt erstmals europäische Regeln dafür auf, wann und wie Konzessionen öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Das sind Dienstleistungen, die staatliche oder kommunale Stellen fremdvergeben. Während aber zum Beispiel auch künftig Rettungsdienste von einer Pflicht zur Ausschreibung ausgenommen bleiben, ist dies bei der kommunalen Wasserversorgung nur begrenzt der Fall. Der von der baden-württembergischen SPD-Abgeordneten Evelyne Gebhardt eingebrachte Antrag, den Bereich der Daseinsvorsorge komplett auszunehmen, fand nicht die nötige Zustimmung. „Diejenigen, die nun so tun, als wollten sie das Wasser schützen, es gleichzeitig jedoch befürworten, öffentliche Träger der Wasserversorgung denselben Regeln zu unterwerfen wie private Anbieter, spielen ein falsches Spiel“, rügte Gebhardt.

Doch obwohl sie den Beschluss kritisiert, sagt sie dennoch, dass es in der Konzessionsrichtlinie „nicht um die Privatisierung der Wasserversorgung wie in der öffentlichen Debatte fälschlicherweise behauptet“ geht. Im Kern gehe es um transparentere Regeln dafür, wenn solche Konzessionen an Stadtwerke vergeben werden, die nach einer teilweisen oder vollen Privatisierung bereits Marktakteure sind. Städte und Gemeinden sollten„jederzeit frei darüber entscheiden können, ob sie diese Dienste selbst erbringen oder damit private Unternehmen beauftragen wollen“, sagte EU-Kommissar Barnier.

Tatsächlich sind kommunale Eigenbetriebe, die in Deutschland noch immer der Normalfall sind, nicht Gegenstand des EU-Gesetzes. Es trifft vor allem deutsche und österreichische Stadtwerke, an denen häufig private Versorger mit signifikanten Anteilen beteiligt sind. „Teilprivatisierte Stadtwerke, die mehr als 20 Prozent ihres Wassergeschäfts außerhalb der eigenen Kommune erbringen“, sagte der Rottweiler CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, „sollen als marktrelevant eingestuft werden.“ Das gilt unter anderem für die Berliner Wasserbetriebe, die aktuell zu 24,95 Prozent dem internationalen Wasserversorger Veolia Wasser gehören.

Die Kommune kann dann auch versuchen, eine solche Ausschreibung möglichst passgenau auf ihr Stadtwerk zuzuschneiden – mit entsprechenden Vorgaben etwa für die Wartung. Doch klar ist, dass dann europaweit private Anbieter davon erfahren. Der Mannheimer SPD-Abgeordnete Peter Simon kündigte am Donnerstag an, im Plenum mit Nein stimmen zu wollen: „Einem Gesetz zuzustimmen, das auch nur die geringste Gefahr birgt, dass es auf Kosten der öffentlichen Daseinsvorsorge geht, ist schlicht fahrlässig“. Wenn sich das Europaparlament und die EU-Regierungen einig werden, gibt es eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2020. „Bis dahin haben die betroffenen Stadtwerke Zeit, sich bei Bedarf umzustrukturieren“, sagte die SPD-Abgeordnete Gebhardt.

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