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Update

Abstimmung über Studiengebühren: Auto von Prinz Charles bei Londoner Studentenprotesten angegriffen

Das britische Parlament wurde am Donnerstag von Tausenden zum Teil gewalttätigen Demonstranten belagert. Die Polizei war mit einem Massenaufgebot vor Ort. Auch das Auto von Prinz Charles wurde angegriffen.

Das britische Parlament war gestern von Tausenden zum Teil gewalttätigen Demonstranten belagert. Ein Massenaufgebot der Polizei wurde mit Feuer, Rauch und Steinen bedroht, auch ein Auto, in dem Thronfolger Prinz Charles und seine Frau saßen, wurde nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP attackiert, während die Abgeordneten mit deutlich reduzierter Mehrheit von 21 Stimmen eine Erhöhung der jährlichen Studiengebühren von 3 290 auf 6 000 Pfund (7 200 Euro) beschlossen. Für Eliteuniversitäten kann der Satz auf 9000 Pfund steigen.

„Wir haben die Abstimmung verloren, weil vielen Abgeordneten ihr Posten in der Regierung wichtiger war als die Zukunft von Studenten“, so der Präsident der Studentengewerkschaft NUS, Aaron Porter. Der Kampf werde nach Weihnachten weitergehen. Das Gesetz wird nun ans Oberhaus überwiesen.

Bei der dritten Londoner Großdemonstration gegen die Gebührenerhöhung gab es die bislang schwersten Zusammenstöße. Mindestens sechs Polizisten und zahlreiche Demonstranten wurden verletzt. Dutzende von Personen wurden vorübergehend festgenommen. Im Parlament rebellierten auf Regierungsseite mehr als ein halbes Dutzend Tories und 21 Liberaldemokraten. Drei liberaldemokratische Unterstaatssekretäre und parlamentarische Sekretäre traten zurück, um als Hinterbänkler gegen die von dem liberaldemokratischen Wirtschaftsminister Vince Cable entwickelte Politik zu stimmen. Eine weitere Gruppe enthielt sich, darunter Vizeparteichef Simon Hughes.

„Wir haben eine schwere Wahl. Wir könnten die Zahl derer, die zur Uni gehen, drastisch beschneiden. Wir könnten die Zuschüsse für den Unterhalt der Studenten kürzen. Wir könnten den Universitäten das Geld kürzen, ohne ihnen andere Einkommensquellen zu erschließen“, sagte Cable in der Debatte. Nur die Erhöhung der Studiengebühren sichere die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten. Sie sei sozial gerechter als die bisherige Lösung, da die Rückzahlung der Studienkredite erst beginne, wenn Graduierte mehr als 21 000 Pfund (25 200 Euro) im Jahr verdienten.

Labour hatte die Studiengebühren 2002 unter ähnlich kontroversen Umständen eingeführt. Damals war die Mehrheit der Regierung sogar noch kleiner. Wie jetzt argumentierten die Gegner damals, Gebühren hielten Kinder aus niedrigen Einkommensschichten vom Studium ab. Tatsächlich sind die Studentenzahlen seit 2002 aber weiter gestiegen. Labour fordert nun eine Akademikersteuer. Parteisprecher John Denham sagte im Unterhaus, Ziel der Reform sei nicht, Uni mit mehr Geld auszustatten, sondern die Steuerzuschüsse zu reduzieren. Labour wirft den Tories eine Privatisierung des Hochschulsystems wie in Amerika vor.

Die Frage ist nun, wie viel Federn die Regierung durch diesen Härtetest ihrer Koalitionstreue gelassen hat. Die Libdems versprachen vor der Wahl die Abschaffung von Studiengebühren und gewannen damit Studentenstimmen. Parteichef Nick Clegg, der sie in die Koalition mit den Tories führte, ist dafür der meistgehasste britische Politiker geworden. In einer am Donnerstag veröffentlichten Meinungsumfrage waren die Libdems auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 20 Jahren gesunken. Studentenführer Porter will mit der NUS dafür sorgen, dass kein Abgeordneter, der sein Versprechen brach, je wieder gewählt wird.

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