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Politik: Abwählen schreckt

Foto: Rückeis AUF ZU DEN LINDEN! Von Peter Ensikat Auf die Regierung zu schimpfen, das gehört zwar zu unser aller Lieblingsbeschäftigungen.

Foto: Rückeis

AUF ZU DEN LINDEN!

Von Peter Ensikat

Auf die Regierung zu schimpfen, das gehört zwar zu unser aller Lieblingsbeschäftigungen. Trotzdem – davon bin ich überzeugt – werden wir deshalb nicht gleich die Opposition wählen.

Dass die Umfragewerte der Regierung steigen, das hat Rot-Grün allerdings nicht dem Hochwasser zu verdanken oder dem letzten Fernsehduell. Immerhin hat der Kandidat Stoiber bei diesem Duell – man muss das nur so auffassen wie die „Bild“-Zeitung – einen hervorragenden zweiten Platz belegt, während der Kanzler nur Vorletzter wurde. Und an das jährliche Hochwasser hat sich der Wähler doch unter jeder Regierung gewöhnt. Den Helmut Kohl hat das Oderhochwasser ja auch nicht mehr gerettet.

Nein, für mich ist die einzige Erklärung für den plötzlichen Stimmungsumschwung der immer näher rückende Wahltermin. Auf lange Sicht könnte man sich als Wähler natürlich auch einen Kanzler Stoiber vorstellen, doch, ja. Aber so kurz vor der Wahl – also, die Vorstellung, dass er uns morgen schon regieren könnte, erschreckt. Und deshalb würden wir am Ende die Opposition auch dann nicht wählen, wenn wir nicht fürchten müssten, dass sie irgendetwas anders macht als die derzeitige Regierung – allein die Vorstellung, sie könnte es auch nur versuchen, schreckt uns Wähler ab.

Eine deutsche Regierung braucht zwar meist nicht lang, um in den Augen ihrer Wähler abgewirtschaftet zu haben. Aber um abgewählt zu werden, muss sie schon ein bisschen mehr bieten als die paar nicht eingehaltenen Wahlversprechen. Denn so dumm, solchen Versprechungen überhaupt noch zu glauben, sind nicht mal mehr wir Ostwähler. Schließlich haben auch wir mittlerweile zwölf Jahre Demokratie-Erfahrung.

Peter Ensikat war schon in der DDR als Kabarettist und Bühnenautor bekannt. Er leitet das Kabarett „Die Distel“ in Berlin. Lesen Sie bis zum 22. September an dieser Stelle weitere Stimmen zur Wahl.

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