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Straßenschlacht in Kairo

© dpa

Ägypten: Demonstranten versuchen Mursis Präsidentenpalast zu stürmen

Nach einer blutigen Woche gehen in Ägypten landesweit Menschen gegen die islamistische Regierung auf die Straße. Sie fordern, dass Präsident Mursi die Notstandsmaßnahmen beendet und abtritt.

Hunderte Demonstranten haben am Freitagabend versucht, den Amtssitz von Ägyptens Präsident Mohammed Mursi im Kairoer Stadtteil Heliopolis zu stürmen. Sie hämmerten gegen die Eisentore, schleuderten Steine auf das Gebäude und Molotow-Cocktails in den Garten, durch die ein Baum in Brand geriet sowie an einem der Eingangstore ein Feuer ausbrach. Die Republikanischen Garden, die den Regierungskomplex beschützen, gaben Warnschüsse in die Luft ab. Polizeieinheiten konnten die Angreifer schließlich durch massiven Einsatz von Wasserwerfern, gepanzerten Fahrzeugen und Tränengas zurückdrängen. Bis in die tiefe Nacht hinein war das gesamte Areal um den Palast herum Schauplatz chaotischer Schlachten.

Auch nahe dem Tahrir-Platz, entlang der Nil-Corniche vor dem teilweise geplünderten Semiramis-Luxushotel, kam es am Abend erneut zu Gefechten zwischen Demonstranten und der Polizei. Dabei flogen auch Brandsätze auf das Gelände der dahinter liegenden britischen Botschaft. Bis zum späten Abend wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums im ganzen Land ein Demonstrant getötet und 60 Menschen verletzt, darunter mindestens fünf Polizisten, die von Schrotladungen getroffen worden waren.

Die Spitzenvertreter der in der „Nationalen Rettungsfront“ (NSF) zusammengeschlossenen Oppositionsparteien distanzierten sich von der nächtlichen Gewalt und appellierten an ihre Anhänger, friedlich für ihre Ziele einzutreten. Gleichzeitig forderte NSF-Sprecher Khaled Daoud die Sicherheitskräfte auf, Zurückhaltung zu üben und nur „legitime Mittel” gegen die Bürger einzusetzen. Noch Stunden vor Beginn der neuerlichen Gewaltwelle hatte Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei getwittert, „Aufruhr und Chaos werden weitergehen, bis Mursi und Co. auf die Forderungen des Volkes hören - neue Regierung, demokratische Institutionen, unabhängige Justiz.“ In anderen Städten Ägyptens wie Alexandria, Port Said, Ismailia und Suez sowie Qena und Assiut kam es ebenfalls zu Demonstrationen gegen Präsident Mursi und die Muslimbruderschaft.

Die Demokratiebewegung „6. April“ beorderte nach Beginn der Krawalle ihre Mitglieder per Twitter sofort aus der Umgebung des Präsidentenpalastes zurück. „Wir wollen mit den Ausschreitungen nichts zu tun haben“, hieß es zur Begründung. Die Proteste seien anfangs friedlich gewesen, die Sicherheitskräfte hätten sich sogar in das Innere des Palastgartens zurückgezogen. „Ich verurteile die Gewalt vor dem Präsidentenpalast“, erklärte der Mitbegründer der Bewegung, Ahmed Maher. Wer glaube, er könne das Regime mit Gewalt stürzen, sei ein Phantast und werde nur die Sympathie im Volk für Mursi vergrößern.

Derweil verbreitete der Staatschef über die Facebook-Seite des Präsidentenamtes eine Erklärung, in denen er den Protestierern ein hartes und entschiedenes Durchgreifen der Sicherheitskräfte gegen ihre „anarchistischen Aktionen“ androhte und ankündigte, er werde alle Oppositionsgruppen, die hinter den anhaltenden Krawallen stünden, politisch zur Verantwortung ziehen. Der Vize-Vorsitzende Essam El-Erian der „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“, dem politischen Arm der Muslimbruderschaft, bezeichnete die Vorgänge vor dem Palast als kriminell. „Das sind keine Demonstranten, das sind Kriminelle, die gejagt und vor Gericht gestellt werden müssen“, sagte er.

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