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Mubarak sitzt wegen Veruntreuung in Untersuchungshaft.

© rtr

Ägypten: Mubarak verbringt Untersuchungshaft im Krankenhaus

Nach den Unruhen in Ägypten muss sich die frühere Führungselite juristisch verantworten. Hosni Mubarak erlitt während einer Befragung angeblich einen Herzinfarkt. Seine Gegner vermuten nun, dass er sich der Strafverfolgung entziehen will.

Die Entscheidung ist an Symbolkraft nicht zu übertreffen: Die beiden Söhne des ägyptischen Ex-Präsidenten Hosni Mubarak sitzen seit Mittwoch im berüchtigten Tora-Gefängnis in Untersuchungshaft. Der langgestreckte Komplex, von einer hohen Mauer umgeben, am Rande des wohlhabenden Kairoer Stadtteils Maadi ist allen Ägyptern ein Begriff. Hier saßen zahlreiche politische Gefangene ein. Hunderte von Muslimbrüdern wurden hier weggesperrt und gefoltert. Auch der Konkurrent Mubaraks bei den ersten Präsidentschaftswahlen, bei denen ein Gegenkandidat zugelassen wurde, Ayman Nour, hat dort trotz gesundheitlicher Probleme vier Jahre verbracht. Der Gründer der Al-Ghad-Partei war nach dem Präsidentschaftswahlkampf 2005 wegen angeblicher Urkundenfälschung verurteilt worden. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur sitzen nun seit Mittwochmorgen Alaa, der Geschäftsmann, und Gamal, der als Nachfolger herangezogene Politiker, in eben jenem Gefängnis, das die Ägypter bereits in das „neue Hauptquartier der ehemaligen Regierungspartei NDP“ umgetauft haben.

Denn die beiden Brüder treffen auf viele alte Bekannte: Ex-Innenminister Habib al Adly, der wegen Schießbefehlen gegen Demonstranten bereits angeklagt wurde ; Safwat el Scherif, der frühere Generalsekretär der Regierungspartei und Sprecher des Shura-Rates, der zweiten Kammer des Parlaments, der einst als stärkste Kraft des Mubarak-Regimes galt; Ahmed Ess, einst eine NDP-Größe und einer der mächtigsten Wirtschaftsbosse im Land. Auch der eher als Technokrat eingeordnete Ex-Premier Ahmed Nazif, der von 2004 bis zur Revolution im Januar im Amt war, sitzt schon ein. Sowie der mächtige ehemalige Leiter des Präsidentenbüros, Zakaria Azmi.

Nur der Boss fehlt. Der 82-jährige Hosni Mubarak hatte am Dienstag während seiner Befragung durch einen Staatsanwalt in der Verwaltungshauptstadt Tur auf dem Sinai plötzlich über starke Herzschmerzen geklagt und war daraufhin in das Krankenhaus von Scharm El Scheich eingeliefert worden. Er sitzt hier in Untersuchungshaft. Der zeitliche Ablauf nährt bei vielen Ägyptern den Verdacht, dass Mubarak sich weiterer Strafverfolgung entziehen will. Die Vernehmung wurde allerdings im Krankenhaus nach medizinischen Untersuchungen gegen Mitternacht fortgesetzt, berichten die Medien.

Darauf hatte Ägypten gewartet. Wochenlang und zuletzt am vergangenen Freitag hatten zehntausende Demonstranten auf dem Tahrir-Platz die Strafverfolgung des Mubarak-Clans und anderer Regimegrößen gefordert. Jetzt wird ermittelt wegen des Einsatzes von Gewalt gegen Demonstranten im Januar und Februar, und dazu wurde eine 15-tägige Untersuchungshaft angeordnet, die mehrfach verlängert werden kann. Ermittlungen wegen illegaler Bereicherung würden später folgen, heißt es auf der Facebook-Seite des Generalstaatsanwaltes.

Mit dem Vorgehen gegen die Mubaraks kommt die Justiz einer der Hauptforderungen der verschiedenen Oppositionsgruppen einschließlich der Muslimbrüder nach. Ohne juristische Aufarbeitung könne es keinen Neuanfang geben, ist deren Überzeugung. Mit dem Vorgehen gegen die Mubaraks könnte es dem regierenden Militärrat gelingen, das steigende Misstrauen großer Bevölkerungsteile zu zerstreuen. Diese haben Angst, dass die Militärs einen wirklichen Umbau des politischen Systems verhindern und alte Eliten schützen wollen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Militärs die Justiz aufgefordert haben, gegen die Mubaraks zu ermitteln. Dies würde dann doch der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung widersprechen, die Demokraten in Ägypten installieren wollen.

Die Justiz mag gezögert haben, weil es möglicherweise nicht leicht sein wird, den Mubaraks konkrete rechtliche Vergehen nachzuweisen. Formal hatte der Innenminister, der Chef der Polizei- und Sicherheitskräfte, den Hut auf während der Revolution. Und der Vorwurf der illegalen Bereicherung ist schwer zu beweisen, weil über Schmiergeldzahlungen selten Rechnungen auftauchen. Beide Brüder haben zudem viele legale Wirtschaftsaktivitäten. Alaa Mubarak mag wegen vieler abgezweigter Gelder als der „10-Prozent-Mann“ bekannt sein. Für ein Gerichtsverfahren reicht das nicht.

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