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Immer wieder Amerika: Kritik an den USA, die Ägyptens Präsidenten Mubarak wie fast der ganze Westen lange unterstützt haben, gehört in Kairo bei den Protesten dazu. Doch jetzt erfahren die aus Amerika, dass Mubaraks Zeit ablaufen doch schneller ablaufen könnte: Die "New York Times" berichtet über Pläne, Mubarak nach Deutschland auszufliegen.

© Reuters

Update

Ägypten: New York Times: Mubarak nach Deutschland?

Die "New York Times" berichtet über Pläne, Ägyptens Staatschef Mubarak nach Deutschland auszufliegen, um eine Übergangsregierung installieren zu können. Dem ägyptischen Staatsfernsehen zufolge gab es unterdessen einen Anschlag auf eine Pipeline nach Israel.

In Ägypten gibt es nach einem Bericht der „New York Times“ Überlegungen, Präsident Husni Mubarak zu einer medizinischen Untersuchung nach Deutschland ausfliegen zu lassen. Dies sei Teil von Planungen der Führung um Vizepräsident Omar Suleiman, Mubarak einen würdigen Ausweg aus der Krise aufzuzeigen. Er würde demnach zu seinem üblichen Gesundheits-Checkup nach Deutschland fliegen und diesmal länger bleiben.

Eine andere Variante sei, dass der Präsident sich in sein Ferienhaus im Badeort Scharm el Scheich zurückziehe, schrieb die „New York Times“ am Samstag. Sie berief sich dabei auf ungenannte US-Regierungsmitarbeiter. Ziel sei, dass Mubarak den Präsidentenpalast verlasse, aber nicht seines Amtes enthoben werden müsse.

Diese Überlegungen seien Teil von Plänen Suleimans und Teilen der militärischen Führung, den Einfluss Mubaraks zu begrenzen und gleichzeitig mit der Bildung einer Übergangsregierung zu beginnen. Sie könnte von Suleiman geführt werden.

In Ägypten gingen derweil die Proteste gegen Mubarak in der Nacht zu Samstag weiter. Tausende harrten auch nach dem elften Protesttag in Kairo auf dem zentralen Tahrir-Platz aus. Auch in Alexandria missachteten die Demonstranten erneut die Ausgangssperre.

Einem Medienbericht zufolge hätten Unbekannte am Samstag einen Anschlag auf die Gaspipeline verübt, die für den Export von ägyptischem Erdgas nach Israel genutzt wird. Anwohner in den Ortschaften Al-Arisch und Scheich Zuwaid im Norden der ägyptischen Sinai-Halbinsel hörten am Morgen eine laute Explosion. Ein großes Feuer brach aus. Das Staatsfernsehen meldete: "Saboteure haben sich die instabile Sicherheitslage zunutze gemacht." Niemand sei verletzt worden. Die Lage sei unter Kontrolle.

Am Freitag hatten Hunderttausende Ägypter mit Massenprotesten in Kairo, Alexandria und anderen Städten versucht, das Regime Mubarak endgültig zu Fall zu bringen. Nach den Freitagsgebeten strömten die Menschen in Massen aus den Moscheen zum Tahrir-Platz im Zentrum Kairos.

Am Freitag endete das Rücktritts-Ultimatum der Opposition an Staatspräsident Hosni Mubarak – die Demonstranten sprachen daher vom „Tag des Abgangs“. Die USA dringen inzwischen mit aller Macht auf ein Aus Mubaraks. Auch die Vereinten Nationen, die EU und die Sicherheitskonferenz in München riefen die Führung in Kairo am Tag elf der Proteste zum Handeln auf. Angesichts der Unruhen setzte die Bundesregierung ihre Rüstungsexporte nach Ägypten aus.

Nach zwei Tagen mit blutigen Kämpfen am Tahrir-Platz blieb der Protest am Freitag zunächst weitgehend friedlich, auch wenn es am Rande zu kleineren Zusammenstößen kam. Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur dpa, Schlägertrupps versuchten, den Regimegegnern den Weg abzuschneiden. Mubarak- Anhänger hätten Demonstranten mit Steinen beworfen, berichtete ein Reporter des arabischen Senders Al Arabija. Vereinzelte Zusammenstöße wurden auch aus Alexandria und Port Said gemeldet. Seit Beginn der Unruhen seien rund 5000 Verletzte gezählt worden, berichtete Al Arabija unter Berufung auf das ägyptische Gesundheitsministerium.

US-Präsident Barack Obama hat den ägyptischen Herrscher Hosni Mubarak aufgefordert, sich nicht dem Willen der Bevölkerung zu verweigern. Er habe bislang zweimal mit Mubarak gesprochen, sagte Obama am Freitag in Washington. Dabei habe er ihm nahegelegt, „darauf zu hören, was das ägyptische Volk vorbringt.“ Der Präsident müsse sich vor allem fragen, wie er den politischen Übergang „effektiv, dauerhaft und legitim“ gestalten wolle. In der US-Regierung hieß es, es würden mehrere Varianten für einen Machtwechsel mit den Ägyptern diskutiert. Die Interimslösung solle die Unterstützung des Militärs haben, auch die Muslimbruderschaft soll beteiligt werden. Die oppositionellen Muslimbrüder waren bei den Protesten am Freitag deutlich stärker vertreten als sonst. Mubarak lehnt einen sofortigen Rücktritt bisher ab.

Die EU-Staats- und Regierungschefs forderten bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel einen sofortigen Übergang in Ägypten, der „jetzt“ beginnen müsse. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich ähnlich. „Der Übergang zu freien und fairen Wahlen muss sofort beginnen“, verlangte Ban bei einer Rede in der Berliner Humboldt-Universität. Die Ereignisse in Ägypten hätten „eine tief beunruhigende Wendung“ genommen. Scharf kritisierte er die Beschränkungen der Berichterstattung ausländischer Medien. So wurde das Büro des arabischen Fernsehsenders Al Dschasira angegriffen. Unbekannte seien in das Büro eingedrungen und hätten die Ausrüstung zerstört, erklärte der Sender.

Wegen der jüngsten Angriffe auf Demonstranten und Journalisten wurde der ägyptische Botschafter in Deutschland, Ramzy Ezzeldin Ramzy, einbestellt. „Übergriffe auf deutsche Staatsangehörige und ausländische Journalisten sind inakzeptabel“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Gleichzeitig wehrte sich das Amt gegen Vorwürfe, wonach die Deutsche Botschaft in Kairo sich nicht ausreichend um ausreisewillige Bundesbürger gekümmert hat. „Botschaft und Krisenstab arbeiten seit Beginn der Krise in Ägypten rund um die Uhr, um deutsche Staatsangehörige zu unterstützen und bei der Ausreise zu helfen“, teilte das Außenministerium mit. So stünden seit Montag zehn Botschaftsmitarbeiter am Flughafen in Kairo bereit. Auch organisiere die Botschaft täglich Konvois, um ausreisewillige Deutsche zum Flughafen zu bringen. Auch auf dem Botschaftsgelände habe man Deutsche aufgenommen. (mit deh, dpa, dapd)

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