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Anhänger des Predigers Abu Ismail demonstrieren in Kairo.

© reuters

Ägypten: Salafisten drohen mit "islamischer Revolution"

In Ägypten stehen die Zeichen einmal mehr auf Sturm: Der Ausschluss eines Predigers von der Präsidentschaftswahl ruft radikale Muslime auf den Plan.

In Ägypten stehen die Zeichen einmal mehr auf Sturm. Die Salafisten drohten am Mittwoch offen mit einer „islamischen Revolution“ und behinderten mit Sit-ins die wichtigste Zufahrtsstraße zum Kairoer Flughafen. Für Freitag riefen die Radikalen ihre Anhänger zu einem Millionenmarsch auf den Tahrir-Platz auf, der Hohen Wahlkommission (SPEC) warfen sie „Verschwörung und Verrat“ vor. Zuvor hatte das Gremium seine Entscheidung vom Wochenende bekräftigt, drei der aussichtsreichsten Kandidaten im Rennen um das Präsidentenamt zu disqualifizieren – darunter einen Salafisten. Bei den Einsprüchen der abgelehnten Bewerber seien keine neuen Fakten präsentiert worden, hieß es nach Angaben des Staatsfernsehens zur Begründung. Vorsitzender des umstrittenen Gremiums ist ein Ex-Offizier und Militärrichter, seine vier Beisitzer gelten auch als Unterstützer des Mubarak-Regimes. Ihr Verdikt ist endgültig.

Damit darf sowohl der ehemalige Geheimdienstchef Omar Suleiman, der vom alten Mubarak-Establishment getragen wird, nicht antreten, wie auch der Spitzenkandidat der Muslimbruderschaft, Khairat al Shater, sowie der ultrakonservative salafistische Prediger Hasem Abu Ismail, dessen Konterfei bereits mit einem Millionenaufwand im Land plakatiert ist. Ihre Bewerbungen waren am Wochenende zusammen mit denen sieben weiterer Kandidaten aus formalen Gründen beanstandet worden. So konnte Suleiman nicht, wie vom Wahlgesetz gefordert, 30 000 Unterschriften aus mindestens 15 Provinzen vorlegen. Khairat al Shater, millionenschwerer Geschäftsmann und Vize der Muslimbruderschaft, gilt wegen seiner Verurteilung 2007 in einem politischen Prozess unter Mubarak und der anschließenden Haft nach wie vor als vorbestraft. Der Salafist Hasem Abu Ismail wurde wegen der US-Staatsbürgerschaft seiner vor Jahren verstorbenen Mutter ausgeschlossen. Nach der provisorischen Verfassung dürfen sowohl die Präsidentschaftskandidaten als auch Eltern und Ehepartner nur die ägyptische Staatsbürgerschaft haben.

Die endgültige Kandidatenliste soll am 26. April verkündet werden, wenn der Wahlkampf offiziell beginnt. Die zunächst für zwei Tage angesetzte Abstimmung beginnt am 23. Mai. Sollte kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen, kommt es am 16. Juni zur Stichwahl. Unter den verbliebenen 13 Bewerbern können sich der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, und der aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossene moderate Islamist Abdel Moneim Aboul Fotouh die größten Hoffnungen machen. Die Muslimbruderschaft hatte noch kurz vor Bewerbungsschluss den Chef ihrer „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“, Mohamed al Morsi, nominiert, als sich die Probleme mit ihrem ursprünglichen Kandidaten al Shater abzuzeichnen begannen. Auch Morsi hat gute Chancen.

Nach dem bisherigen Fahrplan will der Oberste Militärrat (SCAF) dann zur Jahresmitte die Macht an die neue zivile Führung übergeben. Doch daran wachsen die Zweifel. So konfrontierte SCAF-Chef Mohamed Hussein Tantawi Anfang der Woche einen Kreis von Spitzenpolitikern mit der Forderung, zunächst müsse eine neue Verfassung erarbeitet werden, dann könne man einen Präsidenten wählen. Die verfassunggebende Versammlung jedoch wurde kürzlich per Gerichtsentscheid für illegitim erklärt und muss neu zusammengestellt werden. Kritiker vermuten daher hinter der Forderung des Militärs die Absicht, die Machtübergabe weiter hinauszuzögern.

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