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Ägyptische Soldaten erhielten jetzt das Recht, Zivilisten festzunehmen.

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Update

Ägyptens Präsident: Mursi gibt Armee Recht zur Festnahme von Zivilisten

Inmitten der politischen Krise in Ägypten hat Präsident Mohammed Mursi den Streitkräften das Recht zur Festnahme von Zivilisten erteilt. Unterdessen sind weitere Unruhen zu befürchten.

Vor dem Referendum über den umstrittenen Verfassungsentwurf in Ägypten hat Präsident Mohammed Mursi den Streitkräften die Befugnis zur Festnahme von Zivilisten erteilt. Der Staatschef wies in einem Dekret am Montag die Armee zur Kooperation mit der Polizei an, um die Sicherheit bis zur Abhaltung des Referendums am Samstag zu gewährleisten. Die Opposition will am Dienstag erneut gegen den Verfassungsentwurf demonstrieren.
"Die Streitkräfte müssen vorübergehend den Polizeidienst in vollständiger Kooperation unterstützen, um die Sicherheit und den Schutz der lebenswichtigen Institutionen des Staates bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse des Referendums über die Verfassung zu gewährleisten“, hieß es in dem Dekret. Zu diesem Zweck werde ihnen auch die Befugnis erteilt, Zivilisten festzunehmen. Dieses Recht ist normalerweise der Polizei vorbehalten.
Nach heftigen Protesten der Opposition hatte Mursi am Samstag die umstrittenen Sondervollmachten annulliert, die er sich in einem Dekret selbst erteilt hatte. Jedoch lehnte der Staatschef eine Verschiebung des Referendums über den Verfassungsentwurf erneut ab.
Der Opposition reichte die Rücknahme des Dekrets nicht, und für Dienstag rief sie zu weiteren Protesten auf. Daraufhin kündigte auch die islamistische Muslimbruderschaft eine Kundgebung an.
Mursi hatte in seinem Dekret vom 22. November der Justiz die Auflösung der durch die Islamisten dominierten verfassungsgebenden Versammlung verboten. Diese hatte daraufhin im Eilverfahren unter dem Boykott der Linken, Liberalen und Kopten den Verfassungsentwurf verabschiedet. Nach Ansicht der Opposition garantiert der Entwurf nicht die grundlegenden Bürgerrechte, zudem bereite er der weiteren Islamisierung der Gesetzgebung den Weg.
Die Armee verhielt sich in dem Konflikt zwischen dem Staatschef und der Opposition bisher neutral. Nach blutigen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis am Mittwoch postierte die Präsidentengarde am Donnerstag Panzer vor dem Amtssitz des Staatschefs, griff aber nicht aktiv ein. Allerdings drohte sie am Samstag mit einem Eingreifen, sollte ein Dialog nicht zu einer Beilegung der Krise führen.

Mursi hatte im August die Armee, die seit dem Sturz des langjährigen Präsidenten Husni Mubaraks im Februar 2011 de facto den Staat geführt hatte, in ihrem Einfluss beschnitten. Zuvor hatte bereits ein Kairoer Verwaltungsgericht das Recht der Militärpolizei und des Militärgeheimdiensts zur Festnahme von Zivilisten aufgehoben.

Unterdessen annullierte Mursi eine Reihe von Steuererhöhungen, die er erst wenige Stunden zuvor beschlossen hatte. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Mena beauftragte er Ministerpräsident Hischam Kandil mit einem „sozialen Dialog“, um „die Last auf den Bürgern nicht weiter zu erhöhen“. Zuvor hatte Mursis eigene Partei für Freiheit und Gerechtigkeit ihre Ablehnung jeder Politik erklärt, welche die „Last für die Armen“ erhöht.
Mursi wollte unter anderem die Steuern auf Stahl, Zement, Limonaden, Bier und Zigaretten erhöhen. Seit dem Sturz Mubaraks im Februar 2011 befindet sich Ägypten in einer tiefen Wirtschaftskrise. Insbesondere die Auslandsinvestitionen und der für viele Regionen lebensnotwendige Tourismus brachen stark ein. Um dem Einnahmerückgang zu begegnen, kürzte die Regierung bereits Subventionen für Kochgas und Strom. (AFP)

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