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Politik: Ärger für Generäle

Nach Indiskretionen sucht Nato undichte Stelle

Von Robert Birnbaum

Berlin/Brüssel - Enthüllungen von Dingen, die geheim gehalten werden sollten, kommen meistens ungelegen – manche aber ganz besonders. Der Streit über das künftige Vorgehen der Afghanistanschutztruppe Isaf gegen die Drogenmafia am Hindukusch fällt in die zweite Kategorie. Und deshalb muss Egon Ramms, deutscher Vier-Sterne-General und Chef des Nato-Führungskommandos im niederländischen Brunssum, mit Ärger rechnen.

Ramms, in Brunssum zuständig für die operative Leitung des Afghanistaneinsatzes, hatte sich wie berichtet gegen eine neue Linie im Drogenkampf des Nato-Oberkommandierenden John Craddock gewandt. In der Sache kann sich Ramms dabei breiter Unterstützung sicher sein; daheim in Deutschland äußerten sich Vertreter aller Bundestagsparteien zustimmend. Denn Craddock will die afghanische Drogenmafia künftig militärisch auf eine Stufe mit Kriegsgegnern stellen – was zwar kein direkter Tötungsbefehl wäre, aber kurzen Prozess statt langwieriger Justizverfahren ermöglichen wür de. Craddock stützt sich auf die Beschlüsse des Budapester Gipfels der Nato-Verteidigungsminister im Herbst 2008, der den Kampf gegen Drogen in den Isaf-Pflichtenkatalog aufgenommen hat te. Ramms las den Beschluss anders und sperrte sich dagegen.

Was in Brüssel und in Nato-Hauptstädten allerdings für Unruhe sorgt, ist weniger dieser Streit als die Tatsache, dass der Schriftverkehr von Craddock und Ramms öffentlich wurde. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer löste eine interne Fahndung nach der undichten Stelle aus. Für ihn ist der Vorgang nach Einschätzung von Diplomaten umso peinlicher, als er von Craddocks Vorhaben gewusst haben muss. Auf eine entsprechende Frage antwortete Scheffers Sprecher James Appathurai dem Tagesspiegel: „Er weiß über alles Bescheid, was sich in der Nato abspielt.“ Der Generalsekretär soll Mitte des Jahres abgelöst werden – eine starke Vertretung der Nato in einer Phase, in der die neue US-Regierung ihr Afghanistankonzept umstellt, werde dadurch erschwert.

Craddock muss im Juni auch mit Ablösung rechnen – so wie Ramms, der 60 ist und damit bald die übliche Pensionierungsgrenze erreicht. Dass der durch sein offenes Wort gegen jedermann, auch die eigene Regierung bekannte Westfale gerne länger bliebe, ist bekannt. Im Kreis der Nato-Botschafter ist am Freitag schon der Verdacht ge äußert worden, Ramms selbst könne die undichte Stelle sein. Und so muss der General mit Ärger rechnen. Für öffentliche Stellungnahmen ist Ramms derzeit übrigens nicht zu erreichen – der General ist bis Ende der Woche krankgeschrieben. Wann er seinen Dienst wieder aufnimmt, ist unklar.

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