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Weit weg von Berliner Demonstranten trafen sich Merkel und Wen auf Schloss Meseberg.

© AFP

Wirtschaftsmacht China: Ärger um den Wechselkurs

In Brüssel und Berlin drängen Politik und Wirtschaft China zu einer realistischeren Bewertung des Yuan. Die deutsche Wirtschaft fordert unterdessen Kanzlerin Merkel auf, gegen Handelshemmnisse Stellung zu beziehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Dienstagabend mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao zu einem Gespräch zusammengekommen. Das Treffen fand erstmals in Schloss Meseberg statt, dem Gästehaus der Bundesregierung 60 Kilometer nördlich von Berlin - und damit weit weg von möglichen Demonstranten, die bei früheren Besuchen des chinesischen Premiers in Deutschland lautstark gegen seine Politik protestiert hatten. Beide Regierungschefs betonten in einer gemeinsamen Erklärung die „erfreuliche Entwicklung“ der bilateralen Beziehungen. Berlin will China demnach bei dem Versuch unterstützen, noch vor 2016 den Status als Marktwirtschaft von der EU zu erhalten. Beide Regierungen wollen sich außerdem darum bemühen, dass auf der UN-Umweltkonferenz in Cancun weltweite Maßnahmen gegen den Klimawandel beschlossen würden. In der Erklärung ist allerdings von einer „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ die Rede, weil China hier zunächst die Industriestaaten in der Pflicht sieht.

Merkel und Wen hatten zuvor am Gipfeltreffen von 46 Staats- und Regierungschefs aus Asien und Europa (ASEM) in Brüssel teilgenommen. Dort entkam Wen seinen Kritikern nicht. Vor dem Tagungsort, dem belgischen Königsschloss, machten rund 200 Demonstranten ihrem Unmut über Chinas Minderheitenpolitik Luft. „Stoppt das Töten in Tibet“, skandierte die Menge den ganzen Tag über. Zentrales Thema dieser Zusammenkunft war die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Europa und Asien im Gleichschritt zu bewältigen versuchen wollen. Man teile eine „gemeinsame Verantwortung für die Weltwirtschaft“, ließen die versammelten Staats- und Regierungschefs am frühen Abend mitteilen, weshalb „alle Asem-Partner bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Probleme eine Rolle spielen müssen“.

Besonders freundlich wurde in diesem Zusammenhang die Ankündigung Chinas aufgenommen, den Europäern dabei helfen zu wollen, ihre Währungskrise in den Griff zu bekommen. Das kann Peking, da die Chinesen in den zurückliegenden Boomjahren einen Devisenschatz im Wert von rund zwei Billionen Euro angehäuft haben. Ein Viertel davon hält die Volksrepublik auch in der europäischen Gemeinschaftswährung. Premier Wen kündigte in Brüssel an, dass sein Land nichts daran ändern wolle. Der chinesische Gast ließ zudem erkennen, dass er bereit sei, griechische Staatsanleihen mit hohem Risikoaufschlag zu kaufen. Eitel Sonnenschein herrschte jedoch nicht. Die Euro-Länder riefen in Peking zu einer deutlichen Aufwertung des Yuan auf.

Die deutsche Wirtschaft forderte unterdessen die Kanzlerin auf, gegen Handelshemmnisse Stellung zu beziehen. „Ich setze darauf, dass die Bundeskanzlerin sich bei Ministerpräsident Wen Jiabao nachdrücklich für den Abbau von Marktzugangsbarrieren und ein Ende der Benachteiligung ausländischer Unternehmen einsetzt“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann. Faire Rahmenbedingungen seien gerade für Deutschland wichtig, „das wie kein anderes Land in Europa von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China profitiert“. Die Exportwirtschaft verlangt von China die „Akzeptanz internationaler Gepflogenheiten des wirtschaftlichen Miteinanders“. Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, sagte, dazu zähle er „die Abkehr von unfairen Handelspraktiken bei Rohstoffen, klare Schritte hin zu einem realistischen Wechselkurs der chinesischen Währung sowie die Akzeptanz internationaler Standards bei öffentlichen Aufträgen und bei der Exportfinanzierung“.

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