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Ärztetag: Applaus für den Gesundheitsminister

Zum ersten Mal seit langem kann sich ein Gesundheitsminister auf dem Ärztetag richtig entspannen. Das Publikum fühlt sich von Philipp Rösler verstanden und spendet eifrig Applaus. Nur beim Geld hört die Freundschaft auf.

Dresden – Jörg-Dietrich Hoppe steht auf der Bühne der prächtigen Semperoper und ist ganz fassungslos. „Dass ich das noch mal erleben darf“, schnauft er ins Mikrofon. Gerade eben hat Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP)sein Grußwort gesprochen, jetzt ist eigentlich der Ärztepräsident dran mit seiner Ansprache, aber er braucht noch ein paar Sekunden. Und man, weiß gar nicht, was ihn in diesem Moment so bewegt: Röslers Rede, die dieser in Variationen schon ein halbes Dutzend mal gehalten hat, Witzchen inklusive? Das Verständnis eines in die Politik abgewanderten Mediziners für die Nöte seiner Kollegen? Sein Versprechen, ihnen wieder mehr Eigenverantwortung und ein „faires System“ zu bescheren?

Der Gesundheitsminister wird von den Ärzten als Hoffnungsträger gesehen

Es ist wohl die Einzigartigkeit des Vorgangs. Erstmals ist ein amtierender Gesundheitsminister von den Delegierten eines Ärztetages nicht als Gegner empfunden worden, sondern als Hoffnungsträger. Was für Ulla Schmidt die Höhle des Löwen war, ist für Rösler eine Art Heimspiel. Er redet länger als der Ärztepräsident, er bekommt am Ende sogar mehr Beifall. Und Hoppe nimmt ihm das nicht einmal übel, sondern überschüttet ihn mit Lob. Rösler habe seine Ankündigung einer „neuen Dialogkultur“ eingelöst, umschmeichelt ihn der Funktionär. „Heute müssen wir nicht mehr kämpfen, um uns Gehör zu verschaffen. Heute sitzt hier jemand mit einem offenen Ohr für die tatsächlichen Probleme im Gesundheitswesen.“

Tatsächlich sprach der Minister bei diesem 113. Ärztetag vieles an, was den Delegierten seit lange, auf der Seele brennt: Budgetzwänge und starre Therapievorgaben, die überbordende Bürokratie und Arbeitsverdichtung, den Medizinermangel auf dem Land, die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Da störte es die Sich-Verstanden-Fühlenden gar nicht mehr, dass der Redner auch nur an andere appellierte: bei der Gestaltung des Arbeitsalltags an die Kliniken, beim Ärztemangel an Universitäten und Bundesländer. Letzteres, so Rösler, sei schließlich eine „einmalige Chance für den Föderalismus, seine Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.“

Die Frage nach dem Geld wird ausgeklammert

Beim Geld indessen hört die Liebe auf, und so war diesmal davon nur indirekt die Rede. Rösler versprach keines, erzählte sogar von dicken Patienten, die mit der Notwendigkeit einer unangenehmen Diät vertraut gemacht werden müssten. Und Hoppe forderte keines, sondern sprach nur von dem „unerträglichen Spagat“, trotz begrenzter Ressourcen eine gerechte Versorgung zu ermöglichen. Statt heimlich zu rationieren, müsse endlich offen über die „Priorisierung“ von Leistungen diskutiert werden. Es sei „ethisch nicht mehr vertretbar, diese Diskussion nicht zu führen“. Einer der wenigen Punkte, bei denen ihm Rösler widersprach. Bevor man gesetzlich einen Mangel festschreibe, müsse man der Verschwendung von Versichertengeld begegnen, beharrte der Minister. Und zwar mittels eines „besseren Systems“.

Hier war Rösler dann auch wieder bei seinem Lieblingsthema: der Umstellung auf einheitliche Versichertenbeiträge nebst Sozialausgleich über Steuern. Keine Rede davon, dass die Wähler in NRW die FDP deshalb abgestraft oder diese Pläne durch die veränderte Bundesratskonstellation vereitelt haben könnten. Der Minister sieht das ganz anders: „Seit Sonntag wissen wir, dass man Menschen enttäuschen kann, wenn man nach der Wahl nicht das tut, was man ihnen vorher versprochen hat.“ Deshalb müsse der Umbau nun schnellstmöglich beginnen. Applaus der Ärzte.

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