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Ärztetag in Hannover: Der Minister sucht Verbündete

Daniel Bahr versucht, beim Ärztetag für den Wahlkampf zu punkten. Es funktioniert, denn beide Seiten wissen, was sie aneinander haben.

Daniel Bahr hatte sich ins Zeug gelegt. Mit einer möglichst vollständigen Aufzählung des politisch Erreichten hatte der Gesundheitsminister beim Ärztetag glänzen wollen – und weil alles erwähnt werden sollte, geriet seine Rede aufs Ende zu immer schneller. Der Beifall im Hannover’schen Kongresszentrum jedoch blieb spärlich. Kein Vergleich mit den Ovationen, mit denen noch Bahrs Vorgänger, der gelernte Arzt Philipp Rösler, bedacht worden war. Nun steht Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery am Rednerpult und empfiehlt seinen 250 Delegierten, erst mal durchzuschnaufen. Die umfassende Bilanz sei dem Gast im Wahljahr gegönnt, sagt er mit mildem Spott. Und dann liefert er ihn doch noch, den Satz, nach dem sich der Politiker offenbar so gesehnt hatte. Man arbeite „hervorragend zusammen“. Und er, Montgomery, würde sich freuen, wenn sich Bahrs „Ankündigung, noch mal Minister werden zu wollen, erfüllen würde“.

Die Ärzte wissen, was sie an dem FDP- Mann haben. Und Bahr weiß, dass er Wahlhilfe brauchen kann. Zu peinlicher Anbiederung lässt er sich dennoch nicht hinreißen. Beim Thema Patientenrechte wiederholt er trotz Gemurres im Saal, dass es möglich sein müsse, den Behandlern „auf Augenhöhe“ zu begegnen. Und in Sachen Ärztekorruption versucht er es selber mit ein wenig Spott – und bittet die Delegierten, sich ihren Präsidenten doch bitte mal im „schicken Trenchcoat“ des Ermittlers vorzustellen. Seine Botschaft: Die Befugnisse der Ärztekammern auszuweiten, wie es Montgomery gefordert hatte, bringt nichts. Da müssten schon echte Staatsanwälte ran.

Montgomery nutzt das Thema Korruption zur Medienschelte. Das Fehlverhalten Einzelner werde „zum Verhaltensmuster eines ganzen Berufsstandes hochstilisiert“. Auch die Kassen betrieben dieses „perfide Spiel“. Ihr Ziel: „Desavouierung der Gesamtärzteschaft, um die absolute Steuerungshoheit zu bekommen“ – einen „Krankenkassenstaat“ ohne Therapiefreiheit und freie Arztwahl. Dennoch: Der Ton ist moderater als bei früheren Ärztetagen. In der Ablehnung der Bürgerversicherung ziehen Bahr und Montgomery an einem Strang. Der Minister lobt das Reformkonzept der Ärzte, das statt einkommensabhängiger Beiträge feste Prämien vorsieht. Und er hütet sich, ihrer Forderung nach einem Inflationsausgleich von 30 Prozent für Privatbehandlungen eine Komplettabsage zu erteilen. Stattdessen ein vorsichtiges Wahlversprechen als Dankeschön: Die privatärztliche Gebührenordnung benötige „selbstverständlich auch Anpassungen bei der Kostenstruktur“.

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