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Bei einem Anschlag auf einen Militärkonvoi werden in Afghanistan zwei Bundeswehr-Soldaten verletzt.

© dpa

Offener Brief: Afghanische Frauen fürchten größeren Einfluss der Taliban

Der deutsche Botschafter in Afghanistan findet Gespräche mit den radikal-islamischen Taliban richtig. Die wiederum fordern den vollständigen Abzug der internationalen Truppen.

Kabul/Berlin - Der Kommandeur des deutschen Feldlagers im nordafghanischen Kundus, Oberst Norbert Sabrautzki, ist am Sonntag nur knapp einem Anschlag entgangen. Nach Angaben der Bundeswehr war er auf dem Weg zu einem Termin in Kundus, als sein Konvoi mit einem Sprengsatz angegriffen wurde. Die Provinzregierung berichtete von einem Selbstmordattentäter, der drei afghanische Zivilisten getötet und neun weitere verletzt habe.

US-Verteidigungsminister Robert Gates bestätigte derweil Berichte über Gespräche zwischen den USA und den radikal-islamischen Taliban in den vergangenen Wochen: „Ich würde sagen, die Kontakte sind zu diesem Zeitpunkt sehr vorläufig“, sagte er dem Fernsehsender CNN. Es könnten jedoch Monate vergehen, bis dabei Fortschritte erzielt würden. Der deutsche Botschafter in Afghanistan, Rüdiger König, begrüßte die Aufnahme von Gesprächen: „Die Bundesregierung sagt seit Monaten, wir unterstützen einen politischen Prozess in Afghanistan.“ Dazu gehörten auch Versöhnungsgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Auch Präsident Hamid Karsai hatte erstmals Gespräche zwischen seiner Regierung, den Vereinigten Staaten und den Taliban bestätigt.

Gegen die Gespräche wehren sich dagegen Vertreter afghanischer Vereine und Frauenorganisationen in einem offenen Brief an die Mitglieder des deutschen Bundestags. Die afghanische Regierung habe seit dem Beginn der Geheimverhandlungen bereits Taliban aus der Haft entlassen, steht darin. „Die Mentalität der Taliban und die Art, wie sich die Regierung an ihre Ideologie anbiedert, sind bereits heute besorgniserregend“, schreiben die afghanischen Vertreter von zehn zivilen Organisationen, etwa der Stiftung „Solidarität für Gerechtigkeit“ und der Afghanischen Frauenunion. Die 2001 gemachten Versprechen müssten eingehalten werden. Man dürfe in den Verhandlungen nicht die Rechte der Frauen Afghanistans opfern. Der Brief der Organisationen entstand nach einem Treffen der Vertreter bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Kabul.

Die Verfasser des Briefes haben große Zweifel, dass in den Gesprächen rechtsstaatliche Prinzipien eine Rolle spielen. Sie fordern Transparenz. Die Verhandlungen dürften nicht weiterhin im Geheimen und mit „unklaren Zielen“ erfolgen. Die Verfassung von 2004 müsse in jedem Fall in Kraft bleiben. Täter, die in den vergangenen Kriegen Afghanistans Menschenrechte verletzt haben, müssten endlich verfolgt werden. „Ohne Gerechtigkeit ist Frieden nicht möglich“, heißt es weiter.

Derweil traf Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) am Sonntag zu einem Besuch in Afghanistan ein. Niebel und der ihn begleitende EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs wollten nach Ministeriumsangaben mit Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft sprechen und mit Staatspräsident Hamid Karsai zusammentreffen. Unterdessen zog der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning (FDP) eine ernüchternde Bilanz. Den Regierenden fehle es an „Macht, teilweise auch am Willen, rechtsstaatliche Strukturen zu gewährleisten“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. dpa/ks/rtr/AFP

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