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Politik: Afghanistan: Afghanistan nennt Vergeltungsschlag sinnlos

Die Taliban-Regierung in Afghanistan hat am Mittwoch, noch vor der Feststellung des Verteidigungsfalls durch die Nato, einen möglichen Angriff der USA auf als "unnütz" bezeichnet. Wenn die USA als Vergeltung für die Terrorangriffe auf Washington und New York einzelne Menschen ins Visier nehmen wollten, "werden sie sie nicht finden", sagte Taliban-Sprecher Abdul Hai Mutmaen.

Die Taliban-Regierung in Afghanistan hat am Mittwoch, noch vor der Feststellung des Verteidigungsfalls durch die Nato, einen möglichen Angriff der USA auf als "unnütz" bezeichnet. Wenn die USA als Vergeltung für die Terrorangriffe auf Washington und New York einzelne Menschen ins Visier nehmen wollten, "werden sie sie nicht finden", sagte Taliban-Sprecher Abdul Hai Mutmaen. Die Nato könne auch keine militärisch oder wirtschaftlich wichtigen Einrichtungen in Afghanistan treffen, weil es dies in dem Bürgerkriegsland gar nicht gebe. Wenn die USA eine ganze Nation von der Landkarte "ausradieren wollen, würde das nur noch mehr Hass gegen die USA schüren", sagte Mutmaen weiter.

Washington habe noch nie Beweise für eine mögliche Verwicklung des in Afghanistan versteckten, saudiarabischen Fundamentalistenführers Osama Bin Laden in Anschläge auf US-Einrichtuzngen vorlegen können, sagte Mutmaen. Auch in Zukunft würden die USA nichts gegen Bin Laden in der Hand haben, weil er gar nicht in der Lage sei, derartige Anschläge zu verüben. Nach den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998, bei denen 224 Menschen getötet und Tausende verletzt wurden, hatten die USA vermutete Stellungen von Bin Laden in Afghanistan angegriffen.

Die Raketenangriffe auf Kabul in der Nacht zum Mittwoch haben die Weltöffentlichkeit für kurze Zeit aufhorchen lassen. Doch es war nicht der befürchtete schnelle Vergeltungsschlag der USA für die Terrorangriffe auf New York und Washington. Damit wollten die Taliban-Gegner aus der Nordallianz in Afghanistan offenbar beweisen, dass das Attentat auf ihren Führer Ahmed Schah Massud am Sonntag ihre Kampfkraft nicht geschwächt hat. Die Nordallianz, deren Kern Reste der Truppen von Präsident Burhanuddin Rabbani bilden, die die Taliban 1996 aus Kabul vertrieben, reagierte mit den Angriffen auf eine neue Offensive der Taliban. Diese begann gleich nach Meldungen aus Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe, wo ein hochrangiger Diplomat der afghanischen Exil-Botschaft am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax sagte, Massud sei schon Sonntagabend seinen Verletzungen erlegen. Doch dies wurde wenig später von der Botschaft der Rabbani-Regierung in Moskau dementiert. Auch die afghanischen Botschaft in Berlin dementierte gegenüber dem Tagesspiegel den Tod Massuds.

Doch selbst dann, wenn diese Version stimmt, was erst ein öffentlicher Auftritt des Totgesagten beweisen kann, ist Massud für längere Zeit außer Gefecht. Der kommissarisch zum Nachfolger bestellte Mohammad Fahin (53) aber verfügt weder über Massuds militärisches Können noch über dessen unangefochtene Autorität, um die rivalisierenden Gruppierungen der Nordallianz zu bündeln und deren Führer in Schach zu halten. Wann das Bündnis zerbricht, ist daher nur eine Zeitfrage. Mit der Nordallianz aber würde nicht nur die letzte Bastion gegen die Taliban in Afghanistan selbst fallen. Ihr Ende würde auch den Weg für den lange geplanten Export der "islamischen Revolution" in die schwachen und instabilen UdSSR-Nachfolgestaaten Zentralasiens frei machen. Allein 5000 Anhänger der verbotenen "Islamischen Bewegung Usbekistans" kämpfen bereits in den Reihen der Taliban und fallen periodisch in Zentralasien ein.

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