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Nach dem Angriff haben Nato-Soldaten und afghanische Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

© Reuters

Afghanistan: Bomben statt Gespräche

Die Taliban haben den Präsidentenpalast und das CIA-Hauptquartier in Kabul attackiert. Der neuerliche Anschlag schürt weitere Zweifel an ihrer Gesprächsbereitschaft.

"Plötzlich war überall Feuer", berichtet BBC-Reporter Bilal Sarwary, der mit 20 anderen Journalisten gerade am Osttor des Präsidentenpalastes auf Einlass wartete, als plötzlich Schüsse und Explosionen zu hören waren. Mit einem spektaktulären Angriff auf den Sitz von Präsident Hamid Karsai und das CIA-Hauptquartier in Kabul haben die Taliban neue Zweifel an den Chancen für Friedensgespräche geschürt. Laut BBC starben mindestens sieben Menschen, darunter die vier Angreifer. Dem Selbstmordkommando war es laut Berichten gelungen, am frühen Dienstag morgen mit einem Wagen voller Sprengstoff in die Hochsicherheitszone einzudringen, in der unter anderem der Palast, das Verteidigungsministerium und das vom US-Geheimdienst CIA genutzte Nobelhotel Ariana liegen.

Die Täter hatten offenbar gefälschte Papiere benutzt, um mehrere Kontrollposten zu passieren. Die Kämpfe begannen um 6.30 Uhr morgens am Osttor des Palastes, als der Wagen gestoppt wurde. Die Angreifer hätten sofort das Feuer eröffnet, sagte Polizeichef General Ajub Salangi. Es gab zahlreiche Explosionen. 90 Minuten lieferten sich die Militanten Kämpfe mit Karsais Leibwache und Sicherheitskräften, bevor alle Angreifer tot waren. Die Taliban bekannten sich zu dem Überfall. Es war unklar, ob sich Karsai im Palast befand. Dennoch kaperte der Angriff mitten in der Hochsicherheitszone sofort die weltweiten Schlagzeilen.

Der Anschlag, der zweite große in einer Woche, lässt wenig Gutes für mögliche Gespräche zwischen Taliban einerseits sowie USA und Karsai andererseits ahnen. Nach jahrelangen Vorverhandlungen hatten die Taliban vor einer Woche ein Büro in Katar eröffnet, das als ihre Basis für Friedensverhandlungen dienen soll. Doch nur Stunden später hatten sie mit Raketen die US-Basis Bagram nahe Kabul attackiert, nun folgte der Präsidentenpalast und das CIA-Quartier. Dies könnte auf Differenzen innerhalb der Militanten hinweisen. Die Amerikaner glauben, dass die Abgesandten im Büro von Katar für Taliban-Chef Mullah Omar sprechen. Doch Zweifel bleiben, welche Gruppen sie tatsächlich repräsentieren.

Karsai hatte zudem die Gespräche erzürnt auf Eis gelegt. Die Taliban hatten die Eröffnung des Büros in einen Propagandacoup und eine schallende Ohrfeige für Karsais Regierung umgemünzt. Offen stellten sie die Fahne der Taliban zur Schau, gaben munter Interviews und reklamierten einen botschaftsgleichen Status für ihr Büro, in dem sie auf das Schild "Islamisches Emirat von Afghanistan” schrieben. So hieß Afghanistan unter dem Taliban-Regime.

Karsai war außer sich. Er warf den Amerikanern vor, den Taliban freie Hand gelassen zu haben. Washington bemüht sich nun um Schadensbegrenzung. Das anstößige Schild wurde abmontiert, die Fahne eingeholt und der Fahnenmast entfernt. Der US-Entsandte James Dobbins hält sich derzeit in Kabul auf, um Karsai zu besänftigen und die Gespräche wieder ins Rollen zu bringen - bis ihm nun die Taliban dazwischenfunkten.

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