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Afghanistan: Bundeswehr tötet afghanische Soldaten

Im Zusammenhang mit den schweren Gefechten gegen Aufständische in Afghanistan haben deutsche Soldaten am Karfreitag aus Versehen mehrere afghanische Sicherheitskräfte erschossen. Verteidigungsminister Guttenberg drückte sein Bedauern aus.

Von Michael Schmidt

Berlin - Im Zusammenhang mit den schweren Gefechten gegen Aufständische in Afghanistan haben deutsche Soldaten am Karfreitag aus Versehen mehrere afghanische Sicherheitskräfte erschossen. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos (EFK) in Potsdam starben fünf afghanische Soldaten, ein Provinzgouverneur sprach von sechs Toten. Der Vorfall ereignete sich, als Bundeswehrsoldaten am Abend in das sechs Kilometer vom Feldlager in Kundus entfernte Kampfgebiet nachrückten, um die seit dem Mittag in Gefechte verwickelten Soldaten abzulösen.

Nach Bundeswehr-Angaben waren die Afghanen in Zivilfahrzeugen unterwegs und hatten trotz Aufforderung der deutschen Seite nicht angehalten. Daraufhin schoss ein Schützenpanzer vom Typ Marder auf eines der Fahrzeuge. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bedauerten den Vorfall. Beide sprachen dem afghanischen Volk ihr tiefes Beileid aus. Merkel telefonierte nach Angaben eines Sprechers am Samstag mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai.

Bei den Gefechten im Unruhedistrikt Char Darah waren am Freitag drei deutsche Soldaten getötet und acht verletzt worden. Vier Schwerverletzte wurden am Samstag nach Deutschland geflogen. Die Trauerfeier in Kundus soll an diesem Sonntag im Beisein von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) stattfinden. An den Kämpfen waren rund hundert radikal-islamische Taliban, mehrere hundert Bundeswehrsoldaten sowie afghanische Soldaten beteiligt. Wie viele Aufständische getötet wurden, ist unklar. Berichte, nach denen ein Taliban-Führer dabei war, wurden nicht bestätigt.

Brigadegeneral Frank Leidenberger, Kommandeur der internationalen Schutztruppe (Isaf) in Nordafghanistan, trat Einschätzungen entgegen, wonach es sich bei den Gefechten um eine neue Dimension von Kämpfen handle. „Die Lage ist unverändert“, sagte er in Masar-i-Scharif. Gefechte gebe es die ganze Zeit. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte, es sei nicht auszuschließen, dass die Taliban den Zeitpunkt ihres Angriff – zu Beginn des christlichen Osterfests – absichtlich gewählt hätten. Die Taliban zielten auf größtmögliche mediale Aufmerksamkeit, um die deutsche Bevölkerung weiter zu verunsichern. Arnold warnte aber davor, „die Debatte über Sinn und Unsinn des Einsatzes“ angesichts solcher Vorfälle „immer wieder neu zu führen“. Grünen-Politiker Winfried Nachtwei sagte dem Tagesspiegel, die Ereignisse bestätigten „auf grausame Weise, dass alle bisherigen Versuche, die Aufständischen zu schwächen, offensichtlich keine nachhaltige Wirkung hatten“.

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