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Afghanistan: Der Abzug beginnt

Die USA kündigen eine Truppenreduzierung an, Frankreich und Spanien wollen folgen, Deutschland wartet noch ab. Dennoch ist das Tempo des Rückzugs aus Afghanistan langsamer, als Obama 2009 versprochen hatte und als die Bürger wünschen.

Nach der Rede des US-Präsidenten Barack Obama zum schrittweisen Rückzug aus Afghanistan wollen auch Verbündete die Zahl ihrer Soldaten reduzieren. Obama will in den kommenden Wochen bis zu 5000 der mehr als 100 000 US-Soldaten in Afghanistan nach Hause holen. Bis Jahresende kehren weitere 5000 heim und bis zum Sommer 2012 nochmals 23 000. Dann werden alle 33 000 Mann abgezogen sein, die er 2009 als Verstärkung entsandt hatte, um eine Wende im Kampf gegen die Taliban zu erzielen. „Amerika, es ist Zeit, dass wir uns auf das Nation-Building hier bei uns zu Hause konzentrieren“, sagte Obama in einer 15-minütigen Fernsehansprache in der Nacht zum Donnerstag.

Das Tempo des Rückzugs ist einerseits langsamer, als Obama 2009 versprochen hatte und als die Bürger laut Meinungsumfragen wünschen. Es ist jedoch schneller, als die Militärs Obama geraten haben. Sie wollten die volle Truppenzahl länger zur Verfügung haben, um ihre Geländegewinne abzusichern und die Lage zu stabilisieren. Obama bekräftigte den Plan der Nato, die Verantwortung für die Sicherheit in allen Provinzen bis 2014 an afghanische Kräfte zu übertragen. Parallel dazu sollen die Kampftruppen abziehen. Zugleich bekräftigte er den Willen zu Verhandlungen mit den Taliban. Diese Gespräche müsse aber die afghanische Regierung führen mit dem Ziel, die Kämpfe zu beenden und Interessenkonflikte im politischen Prozess auszutragen.

Zuletzt hatten die internationalen Truppen die Taliban aus einigen ihrer Hochburgen im Süden Afghanistans vertrieben. Dafür eskalierte aber der Konflikt im Osten im Grenzgebiet zu Pakistan. 17 Monate vor der Präsidentenwahl 2012 steht Obama innenpolitisch unter Druck: In der Bevölkerung und beiden Parteien wächst die Ablehnung des Kriegs in Afghanistan. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in den USA fordern Bürger und Politiker, mehr Geld für innenpolitische Ziele auszugeben statt im Ausland.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der ebenfalls 2012 wiedergewählt werden will, kündigte ähnliche Abzugspläne an. Spanien wird nicht im laufenden Jahr, sondern 2012 mit dem Rückzug aus Afghanistan beginnen. Die Nato will den Kampfeinsatz in Afghanistan nach eigenem Bekunden bis Ende 2014 beenden.

Deutschland hält an seinen Abzugsplänen für Afghanistan fest. Am Beschluss, Ende 2011 oder Anfang 2012 erste Truppen abzuziehen, wenn es die Sicherheitslage erlaube, ändere sich nichts, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag in der Offiziersschule des Heeres in Dresden. Die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, noch in diesem Jahr den Abzug amerikanischer Truppen einzuleiten, sei ein „gutes Zeichen“. Auch Außenminister Guido Westerwelle begrüßte Obamas Rede. „Die Abzugsperspektive wird jetzt konkret“, sagte er am Rande eines Besuchs in Khartum im Sudan. „Schritt für Schritt wird jetzt eine Politik in Richtung politischer Lösung umgesetzt.“ Im Dezember soll eine Afghanistan-Konferenz in Bonn über die Zukunft des Landes beraten.

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