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Afghanistan: Deutsche Hilfswerk-Mitarbeiterin in Kabul entführt

Die Trauerfeiern für die drei in Afghanistan getöteten Polizisten sind von einem erneuten Entführungsfall überschattet worden: Erstmals wurde mitten in Kabul eine deutsche Frau verschleppt.

Das Opfer stammt aus Süddeutschland und arbeitet seit einem Jahr für das christliche Hilfswerk ora international in Kabul, wie ein Sprecher der Organisation sagte. Die Polizei in Kabul startete nach eigenen Angaben eine groß angelegte Suchaktion. Das Auswärtige Amt bestätigte die Verschleppung. Die Frau wurde offenbar nicht von Taliban entführt, sondern von einer kriminellen Bande. In Afghanistan befinden sich nun zwei Deutsche in der Hand von Geiselnehmern.

Polizeiangaben zufolge wurde die Frau von vier bewaffneten Männern aus einer Pizzeria verschleppt. Ihr Ehemann konnte den Entführern demnach entkommen. Die 31-Jährige sei seit einem Jahr als Büroleiterin in Kabul tätig, sagte Ulf Baumann, der Sprecher von ora international in Deutschland. Er wollte keine näheren Angaben dazu machen, ob ein Kontakt zu den Kidnappern besteht.

Polizist rechnet mit Befreiungsversuch

"Wir müssen von einer Entführung ausgehen", erklärte die stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums, Julia Gross, am Abend. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes sei eingeschaltet und bemühe sich in enger Abstimmung mit den afghanischen Behörden um eine Lösung.

Ein Polizist in Kabul erklärte, die Polizei wisse möglicherweise, wo die Frau versteckt werde. Es sei mit einem Befreiungsversuch durch die Polizei zu rechnen. Bei einer Verfolgungsjagd zwischen den Entführern und der Polizei starb ein Taxifahrer durch einen Querschläger. Vor einem Monat, am 18. Juli, war der deutsche Ingenieur Rudolf B. in Afghanistan gemeinsam mit einem Kollegen verschleppt worden. Der Kollege wurde von den Geiselnehmern nach einem Kreislaufzusammenbruch erschossen.

Schäuble: Getötete deutsche Beamten haben "ihr Leben für unser Vaterland gegeben"

Die getöteten Polizisten waren am Mittwoch bei einem Anschlag in der Nähe von Kabul ums Leben gekommen. An der Trauerfeier im Berlin Dom nahm neben zahlreichen Polizisten und Politikern auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil, die eines der Opfer persönlich gut kannte. Der Mann war seit Jahren als Personenschützer für die Bundeskanzlerin tätig.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte bei der Zeremonie, die drei Beamten hätten "ihr Leben gelassen für eine zutiefst humane Idee". Menschen könnten nur in Frieden leben, wenn es eine Ordnung gebe, die ihnen Sicherheit garantiere. Solch eine Ordnung bedeute das Ende des Terrorismus und ihr gelte der Hass des internationalen Terrorismus. Die Beamten hätten "ihr Leben für unser Vaterland" gegeben. Er versicherte zudem, dass die Bundesregierung alles tun werde, "um die feigen Täter zu ermitteln und ihrer Strafe zuzuführen".

Spekulationen um Drahtzieher des Anschlags

Die sterblichen Überreste der Polizisten waren am Mittag auf dem militärischen Teil des Berliner Flughafens Tegel angekommen, wo bereits ein Trauerzeremoniell stattfand. Zuvor hatten in der deutschen Botschaft in Kabul etwa hundert Polizisten, Soldaten und Zivilisten Abschied von den Männern genommen.

Der Anschlag auf die drei Polizisten geht nach einem Bericht des "Focus" nicht wie angenommen auf das Konto der Taliban. Er sei von Anhängern des Mudschahedin-Führers Gulbuddin Hekmatjar verübt worden. Hekmatjar paktiert Gerüchten zufolge mit dem Terrornetzwerk Al Qaida.

Im südafghanischen Kandahar brachten Taliban-Kämpfer auf einer Brückenbaustelle vier afghanische Ingenieure in ihre Gewalt und töteten einen Arbeiter. Die Ingenieure arbeiteten für ein von der Kabuler Regierung finanziertes Programm zur ländlichen Entwicklung.

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