zum Hauptinhalt

Afghanistan: Deutsche Soldaten sollen Toten geschändet haben

Bundeswehrsoldaten haben in Afghanistan offensichtlich einen Toten geschändet. Fotos von dem Vorfall wurden der "Bild"-Zeitung zugespielt. Das Verteidigungsministerium will den Skandal umgehend untersuchen lassen.

Berlin - Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte am Mittwoch mehrere Fotos, die den schockierenden Vorfall dokumentieren. Die Aufnahmen sind nach Aussage eines Bundeswehr-Angehörigen bereits im Frühjahr 2003 entstanden. Offensichtlich handelt es sich nicht um Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK). Politiker und der Bundeswehrverband reagierten entsetzt und forderten eine schnelle Aufklärung. Das Bundeskabinett wollte am Mittwoch über eine Verlängerung der Beteiligung der Bundeswehr an der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan entscheiden.

Eines der fünf Fotos, die das Blatt veröffentlicht, zeigt einen deutschen Soldaten, der mit der rechten Hand stolz einen Totenschädel hochhält. Auf einem weiteren Foto wird ein Totenschädel auf dem Tarnscheinwerfer eines Kleinpanzers vom Typ "Wiesel" präsentiert. Ein anderes Bild zeigt einen Mercedes-Jeep vom Typ "Wolf". Ein Bundeswehrsoldat spießt den Schädel an einer Spezialvorrichtung zur Durchtrennung von Stahlseilen ("cablecutter") auf. Drei Kameraden schauen dem makabren Treiben zu.

Auf einem vierten Foto posieren zwei Soldaten auf der Motorhaube des Jeeps - zwischen ihren Beinen den Kabeldurchtrenner mit dem aufgepflanzten Totenschädel. Das fünfte Foto zeigt einen Soldaten mit entblößtem Penis in der linken Hand, der gleichzeitig den Schädel mit der rechten Hand an sein Glied heranführt. Die Aufnahmen sollen nach Aussage eines Bundeswehr-Angehörigen bei einer morgendlichen Patrouillenfahrt unter dem Kommando eines Feldwebels entstanden sein, wie das Blatt schreibt. An dem Vorfall sollen auch zwei Stabsunteroffiziere und zwei weitere Soldaten beteiligt gewesen sein.

Jung: So ein Verhalten kann nicht geduldet werden

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte: "Es ist klar und unmissverständlich, dass ein derartiges Verhalten von deutschen Soldaten keinesfalls geduldet werden kann." Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würden die "erforderlichen dienstrechtlichen, disziplinarrechtlichen und gegebenenfalls auch strafrechtlichen Konsequenzen mit allem Nachdruck gezogen".

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sagte, die Bilder seien "absolut abstoßend und Ekel erregend. "Solche Leute können wir in unserer Armee nicht brauchen", sagte Gertz. Zudem müsse konkret geprüft werden, wie es passieren könne, dass trotz guter Ausbildung und Dienstaufsicht solche "Entartungen und Entgleisungen" vorkämen.

"Unappetitlich und inakzeptabel"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), forderte ebenfalls eine schnelle und gründliche Aufklärung. Dies sei auch im Interesse der Bundeswehr selbst, die in Afghanistan einen guten Ruf habe. Als "absolut unappetitlich und auch inakzeptabel" bezeichnete der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold die Vorgänge. Er gehe davon aus, dass es sich um Versäumnisse einzelner Soldaten handele und möglicherweise auch "die Führungsaufgaben nicht richtig wahrgenommen wurden bei den örtlichen Verantwortlichen".

Auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), betonte: "Es kann darauf nur eine Reaktion geben: Sofortige und schonungslose Aufklärung mit allen zu Gebote stehenden Mitteln!" SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow forderte, die Anstrengungen zur Vor- und Nachbereitung schwieriger Einsätze müsse noch intensiviert werden. (Von Nathalie Waehlisch, ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false