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Afghanistan: Deutschland wird gebraucht am Hindukusch

Mit einer schnellen Eingreiftruppe soll die Bundeswehr die Isaf-Truppen in Nordafghanistan unterstützen. Die Zusage der Bundesregierung steht noch aus - gilt aber als sicher. Die Linke kritisiert, damit sei "Deutschland endgültig in den völkerrechtswidrigen Krieg verstrickt".

Die Bundeswehr muss sich auf einen möglichen Kampfeinsatz in Nordafghanistan vorbereiten. Die Nato bat die Bundesregierung jetzt offiziell um die Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe in den Norden Afghanistans, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums heute. Das Schreiben wurde in Berlin bereits erwartet.

Nach Angaben aus Nato-Kreisen in Brüssel dürfte Deutschland 240 bis 250 Soldaten schicken. Bislang stellt Norwegen mit rund 350 Soldaten die schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force/QRF), die im Norden Afghanistans stationiert ist. Die Norweger ziehen zur Jahresmitte ab. In dem Anforderungsschreiben ist nach Angaben aus Nato-Kreisen keine konkrete Zahl genannt. Laut Nato-Diplomaten kann Deutschland aber auf die rund 100 Logistiker verzichten, die zu dem norwegischen Kontingent gehören. Mit dem  Regionalkommando in Masar-i-Sharif hat die Bundeswehr bereits eine umfassende Logistik.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey (CDU), hatte in der vergangenen Woche erklärt, er rechne damit, dass die Bundeswehr der Anforderung nachkommen werde. Kossendey hatte zugleich darauf hingewiesen, dass für einen zusätzlichen Kampfverband der Bundeswehr in Afghanistan ebenfalls das Mandat gelte, das im Bundestag bereits beschlossen worden sei. Eine endgültige Entscheidung wird auf der Konferenz der Nato-Verteidigungsminister am 7. und 8. Februar im litauischen Vilnius erwartet.

Ablehnung von der Linken, Kritik von der FDP

FDP-Sicherheitsexpertin Birgit Homburger verlangte von der Bundesregierung eine "saubere und ehrliche Darstellung der Sachlage". Aufgabe einer schnellen Eingreiftruppe seien nicht nur Absicherungs-und Durchsuchungsaktionen oder Evakuierungen, sondern ausdrücklich auch offensive Operationen. "Das wäre nach den Tornados eine erneute Erweiterung des Aufgabenspektrums der Bundeswehr und ganz klar eine neue Qualität", betonte sie. Eine Entscheidung für die Übernahme dieser Aufgabe sei zudem nur verantwortbar, wenn Ausstattung und Ausrüstung dem Auftrag angemessen sind, fügte sie hinzu.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi forderte, den Einsatz abzulehnen. Die Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe drohe zum Türöffner für die landesweite Beteiligung an schweren Kämpfen zu werden. Wenn die Bundesregierung weitere Kampftruppen nach Afghanistan schicke, sei "Deutschland endgültig in den völkerrechtswidrigen Krieg verstrickt". In dem Zusammenhang warf er der Koalition "plumpen Wahlkampfschwindel" vor. Mit Blick auf den Zeitpunkt der Nato-Anforderung zwei Tage nach den Landtagswahlen betonte er, die Wähler in Hessen und Niedersachsen sollten "über die neue Qualität der deutschen Kriegsbeteiligung in Afghanistan bewusst im Unklaren gelassen werden".

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hält sich derzeit zu einem nicht angekündigten Besuch in Afghanistan auf. In Kabul traf der Verteidigungsminister mit Präsident Hamid Karsai und seinem Amtskollegen Abdul Rahim Wardak zusammen. Wardak forderte die internationale Gemeinschaft bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Jung auf, die Bemühungen zur Unterstützung der afghanischen Armee zu verstärken. Eine starke afghanische Armee sei der einzige Weg, um dauerhaften Frieden in seinem Land durchzusetzen, sagte Wardak. Er forderte vor allem Deutschland auf, weiter bei einer "quantitativen und qualitativen Stärkung" der afghanischen Armee zu helfen.

Kanada: Unterstützung im Süden nötig
  
Der kanadische Regierungschef Stephen Harper stellte der Nato unterdessen Bedingungen für die Fortsetzung des Militäreinsatzes seines Landes im Süden Afghanistans. Für eine Verlängerung des Einsatzes über Februar 2009 hinaus müssten "Partner" in der südlichen Provinz Kandahar und bessere Ausrüstung für die rund 2500 kanadischen Soldaten bereitgestellt werden, sagte er am Montag in Ottawa.
  
Die internationale Schutztruppe Isaf brauche nach Ansicht ihres Kommandeurs Verstärkung im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban. "Die Nato hat nicht die Kräfte bereitgestellt, die gebraucht werden", kritisierte US-General Dan McNeill in Kabul. Der Isaf fehlen nach eigenen Angaben derzeit rund 7500 Soldaten. Angesichts der wieder heftigeren Kämpfe sei die Nato-geführte Truppe "heute wichtiger als je zuvor".
  
Nach Medieninformationen soll die 1. Panzerdivision aus Hannover den geplanten Kampfverband im Norden Afghanistans stellen. Bei den rund 250 Soldaten handele es sich hauptsächlich um Fallschirmjäger und Grenadiere, hieß es unlängst aus Bundeswehrkreisen. Die Soldaten der schnellen Eingreiftruppe sollen Konvois sichern und verwundete Soldaten sowie verletzte Zivilisten in Sicherheit bringen. Die Bundeswehr trägt mit bis zu 3500 Soldaten die militärische Verantwortung im Norden des Landes. (nim/ut/AFP/dpa)

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