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Afghanistan: "Die Feinde des Friedens sind da"

Nach dem gestrigen Selbstmordanschlag ist der Polizeichef der Provinz Kundus überzeugt, dass es mit der Ruhe im Norden Afghanistans vorbei ist: Die Taliban "haben mit ihren Aktivitäten begonnen", meint er.

Kundus - Nach dem Selbstmordattentat auf dem Tee-Markt von Kundus haben die Händler Schutt und Trümmer weggeschafft - ihre Angst vor neuer Gewalt aber bleibt. Der Anschlag vom Samstag, bei dem drei deutsche Soldaten und mindestens fünf afghanische Zivilisten starben, war schon der zweite binnen vier Wochen in der Stadt in Nordafghanistan: Mitte April riss ein Selbstmordattentäter in Kundus neun Polizisten mit sich in den Tod. Zu beiden Anschlägen bekannten sich die radikal-islamischen Taliban. Die Menschen in Kundus haben jetzt Angst, dass die Taliban nach dem umkämpften Süden und Osten des Landes auch den bisher weitgehend friedlichen Norden verstärkt ins Visier nehmen.

"Wir wollen die Taliban zurück"

"Die Lage hier wird jeden Tag schlimmer", sagt der Student Sajed Abas: "Jetzt fangen die Selbstmordanschläge und Taliban-Attacken auch im Norden an - früher war das im Süden." Das zeige, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai das Land einfach nicht unter Kontrolle habe. Der Händler Mohammad Essa ist wütend: Nicht allein, dass sein Bruder bei dem Anschlag verletzt wurde - auch sein Lager mit Geschirr und Besteck wurde durch die Wucht der Explosion zerstört. "Wir wollen die jetzige Regierung nicht", sagt er: "Wir wollen die Taliban zurück, weil es unter ihnen sicher war - es ist doch egal, dass sie Leute schikaniert haben."

Scharifullah, ein Fahrer, klagt, die ausländischen Truppen im Land verschlimmerten die Situation. "Die deutschen Soldaten machen hier doch nur Show", meint er: Die Patrouillen seien regelrechte Zielscheiben für Selbstmordattentäter: "Die Selbstmordattentäter jagen sich in ihrer Nähe in die Luft, und die afghanischen Zivilisten müssen sterben." Ihm wäre es am liebsten, die ausländischen Truppen zögen ab: "Dann würde sich die Sicherheitslage hier verbessern, denn die Taliban wollen keine ausländischen Soldaten im Land." Ein Kollege widerspricht Scharifullah: "Die deutschen Soldaten sind gekommen, um uns zu helfen", sagt Assadullah.

"Es ist schwer diese Leute zu stoppen"

Die Provinz Kundus, die an der Grenze zu Tadschikistan liegt, wird von knapp einer Million Menschen bewohnt - hauptsächlich von Tadschiken, aber auch von einer einflussreichen paschtunischen Minderheit. Manche fürchten, dass die Paschtunen als Verbindungsleute zu den Taliban oder anderen Radikalislamisten wie den Milizen von Gulbuddin Hekmatjar fungieren. Der Paschtune Hekmatjar bekämpft genau wie die Taliban die Regierung Karsai und stammt aus der Provinz Kundus.

"Hekmatjar und die Taliban sind hier in der Provinz präsent - vor allem in den paschtunischen Enklaven", sagt der Student Nur Mohammad. Er glaubt, dass nichts den Selbstmordanschlägen ein Ende machen kann: "Es ist sehr schwer, diese Leute zu stoppen oder zu fangen." Ernüchternd die Feststellung des Polizeichefs Ajub Farhangi, "Die Feinde des Friedens sind da." (Von Shoib Najafizada, AFP)

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