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Afghanistan-Einsatz: Vertrauensfrage

Die Vorschläge, mit Taliban zu verhandeln, stoßen in Politik und Sicherheitskreisen auf Skepsis.

Von
  • Frank Jansen
  • Hans Monath

Berlin - In der Debatte über Friedensverhandlungen mit Taliban-Führern in Afghanistan hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), klare Grenzen angemahnt: „Eine Friedenslösung, die ehemalige Kriegsverbrecher stärkt, kann dauerhaft nicht funktionieren“, sagte Nooke dem Tagesspiegel. Es sei aus menschenrechtlicher Sicht schon problematisch, Kriegsverbrechern Straffreiheit zu garantieren. Zwar befürworte er es, zur Beendigung von gewalttätigen Konflikten auch solche Gespräche zu führen. „Die Forderung, elementare Menschenrechte zu garantieren, muss dabei aber immer aufrechterhalten werden“, verlangte der Politiker. „Es darf nicht das Ergebnis von Friedensverhandlungen sein, dass wir Warlords in Afghanistan grünes Licht dafür geben, ihre Willkürherrschaft auszuüben und etwa Frauen zu drangsalieren.“

Auch in Sicherheitskreisen werden mögliche Verhandlungen mit Teilen der Taliban skeptisch gesehen: Es gebe kaum politische Ansätze, um mit der heterogenen Bewegung ins Gespräch zu kommen. „Es fehlen Ansprechpartner“, sagte ein Experte, „und wenn man einen findet, kommt morgen eine Talibangruppe aus einer anderen Region und schlägt zu, unabhängig von jeder Verhandlung.“ Auch der mit Taliban und Al Qaida verbündete Gulbuddin Hekmatyar komme kaum in Frage. Selbst wenn es möglich wäre, ihn „herauszubrechen“, bliebe offen, wie lange er sich dann an Absprachen halten würde. Die Fachleute votierten dagegen für eine langfristige Strategie der Stärkung regionaler Stammes- und Clanstrukturen in Afghanistan: Traditionelle Machteliten müssten mit Hilfe der Zentralregierung so unterstützt werden, dass sie sich gegen die Taliban behaupten könnten. Dazu gehöre auch materielle Hilfe für den wirtschaftlichen Aufbau, „damit die Stammesältesten in der lokalen Bevölkerung anerkannt werden“, betonte ein Experte. Ein anderer verwies auf die Erfolge im Irak, wo es den Amerikanern gelungen war, sunnitische Stämme aus dem militanten Widerstand herauszulösen: Der Ansatz „Irak reloaded“ sollte – trotz aller Unterschiede zu Afghanistan – in die Strategie zur Befriedung einbezogen werden.

Der Afghanistanbeauftragte des Auswärtigen Amts, Bernd Mützelburg, hatte vergangene Woche im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages erklärt, in eine Friedenslösung müssten langfristig auch Warlords wie Mullah Omar und Hekmatyar einbezogen werden. Wenn die internationale Gemeinschaft nach einem Abzug keinen Bürgerkrieg hinterlassen wolle, sei es notwendig, auch mit ihnen zu verhandeln. Omar und Hekmatyar sind radikalislamische Führer, die den Hass auf den Westen predigen und einen Terrorkrieg gegen die afghanische Regierung führen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) teilt Mützelburgs Position offenbar nicht. Er hatte im Bundestag im November gefordert, den „harten Kern“ der Taliban zu isolieren. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) regte am Sonntag an, mit gemäßigten Taliban zu verhandeln.

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