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Afghanistan: Ende einer rätselhaften Entführung

Nach der Freilassung des deutschen Staatsbürgers in Afghanistan bleiben viele Fragen offen. Die Geiselnahme ist untypisch verlaufen. Auch der Übersetzer des Mannes ist frei. Beide sind in der Obhut der internationalen Schutztruppe Isaf.

Klar ist: Der Deutsche und sein offenbar aus dem Iran stammender Übersetzer sind nach Tagen der Ungewissheit wohlauf und in Sicherheit. Der Deutsche wurde nach seiner Freilassung im Südwesten des Landes in die Obhut der Internationalen Schutztruppe Isaf übergeben. Undurchsichtig ist, was der Deutsche in einer gefährlichen Gegend, in der die Taliban und Kriminelle bekanntermaßen ihr Unwesen treiben, zu tun hatte. Den Bezirk Delaram, wo der Mann verschleppt wurde, schätzen Sicherheitsexperten als "hoch riskant" ein. Das gelte besonders für die Ringstraße in der Region, die von Kandahar nach Herat führt und die der Deutsche angeblich befahren wollte.

Polizeieskorte ausgeschlagen

Aus Sicherheitskreisen hieß es, der Mann habe vor seiner Entführung das Angebot einer Polizeieskorte ausgeschlagen. Ausländer, die sich in Gefahrenzonen in Afghanistan aufhalten, sind in aller Regel entweder Militärs oder anderweitig im Regierungsauftrag unterwegs, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder Journalisten. Nichts von alledem aber war der Entführte, so viel zumindest gibt das Auswärtige Amt preis. Medienberichten zufolge ist der Mann Bauunternehmer. Er selber aber, das sagt zumindest der Gouverneur der Provinz Farah, habe sich bei seiner Ankunft in Delaram als Journalist vorgestellt. Das sei am Samstag oder Sonntag gewesen, will sich Gouverneur Ghulom Muhyuddin Baluch erinnern - früher nicht. Um dem Fremden Schutz zu gewähren, habe man ihn bei der Polizei übernachten lassen. Am nächsten Tag sei er dann verschleppt worden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wurde der Deutsche aber bereits seit Donnerstag vergangener Woche vermisst - Tage bevor er zumindest nach Angaben des Gouverneurs unter der Obhut der Provinzregierung ungestört seine Nachtruhe genießen konnte.

Lösegeldforderung wurde öffentlich gemacht

Irgendwann fiel der Deutsche jedenfalls seinen Kidnappern in die Hände. Gouverneur Baluch plauderte munter aus, dass die Entführer 40.000 US-Dollar Lösegeld - umgerechnet knapp 30.000 Euro - für die Freilassung der beiden Geiseln forderten. Dass amtliche Stellen Lösegeldforderungen öffentlich machen, ist mindestens ebenso ungewöhnlich wie die verlangte Summe. Verglichen mit anderen Entführungen von westlichen Ausländern, wo sich die Forderungen im Millionenbereich bewegt haben dürften, ist sie absurd niedrig. Baluch benannte auch gleich die Täter: Die Taliban seien die Urheber. Die erstaunten Taliban wussten nach eigenem Bekunden aber gar nichts von der Geiselnahme - und mit Entführungen von Ausländern halten sie für gewöhnlich nicht hinterm Berg. Ungewöhnlich für die Taliban wäre auch, dass keine politische Forderung gestellt wurde. Sicherheitsexperten sind überzeugt, dass es sich bei den Tätern um Kriminelle handelte. Diese Experten sagen, dass letztlich Verhandlungen zwischen der Polizei und den Gangstern zur Freilassung geführt hätten - ob dabei Geld floss, blieb unklar. Das glückliche Ende der dubiosen Geschichte verkündete dann das Innenministerium in Kabul am Donnerstag - das noch 24 Stunden zuvor beteuert hatte, man wissen von keiner Geiselnahme eines Deutschen. (mit dpa)

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