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Afghanistan: Erste Parlamentssitzung nach über 30 Jahren

Erstmals seit mehr als drei Jahrzehnten ist am Montag in Kabul wieder das afghanische Parlament zusammengekommen. Aus Furcht vor Anschlägen findet die Sitzung unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt.

Kabul - Präsident Hamid Karsai sagte bei der Eröffnungssitzung in der afghanischen Hauptstadt dem Terrorismus und dem Drogenhandel im Land den Kampf an. Der 91 Jahre alte frühere König Sahir Schah, der laut Verfassung den Titel «Vater der Nation» trägt, betonte: «Ich bin Allah dankbar, dass ich heute an der Zeremonie teilnehme, die nach Jahrzehnten des Kampfes einen Schritt in Richtung des Wiederaufbaus Afghanistans markiert.»

Mit dem neuen Parlament endete der bei Bonn Ende 2001 vereinbarte Demokratisierungsprozess Afghanistans. Der feierlichen Eröffnungssitzung wohnte auch US-Vizepräsident Dick Cheney bei. Vor der Vereidigung der neuen Parlamentarier wurde aus dem Koran rezitiert und die Nationalhymne gespielt. Für das Unterhaus (Wolesi Dschirga) mit 249 Abgeordneten und das Oberhaus (Meschrano Dschirga) mit 102 Sitzen wurden Übergangssprecher bestimmt, die ihr Amt bis zu einer Vorsitzendenwahl ausüben sollen.

Vor den Abgeordneten rief Karsai nach Angaben der afghanischen Nachrichtenagentur Pajhwok seine Landsleute dazu auf, gegen den Anbau von Schlafmohn vorzugehen. «Wir haben der Internationalen Gemeinschaft eine klare Zusage gegeben, den Drogenhandel aus Afghanistan zu verbannen», sagte er. Afghanistan ist der weltweit größte Produzent von Rohopium, dem Grundstoff für Heroin.

Die Parlamentswahl am 18. September war die erste in Afghanistan seit 1969. Parteien waren nicht zur Wahl zugelassen. Die Bewerber traten als unabhängige Kandidaten an. Im Unterhaus sind gemäß den für sie reservierten Sitzen 68 Frauen vertreten. Wahlbeobachter hatten die Abstimmung als überwiegend frei und fair bewertet. Unter den Abgeordneten sind auch Mudschaheddin, die gegen die russischen Besatzer kämpften, Funktionäre des damals von Moskau gestützten Kabuler Regimes und Kriegsherren. Frühere Anhänger der radikalislamischen Taliban wurden ebenfalls gewählt.

Zuletzt hatte das afghanische Parlament 1973 getagt. Danach versank Afghanistan immer weiter im Chaos. Vor dem Sturz der Taliban Ende 2001 litten die Afghanen mehr als zwei Jahrzehnte lang unter Krieg und Bürgerkrieg. Radikalislamische Rebellen wie die Taliban kämpfen weiterhin gegen die Regierung in Kabul. Das pakistanische Außenministerium teilte mit, die Regierung in Islamabad sei zuversichtlich, dass für Afghanistan mit der Eröffnung des Parlaments eine neue Ära der Stabilität anbreche.

Bei einem Angriff mutmaßlicher radikalislamischer Rebellen in der ostafghanischen Provinz Kunar kamen in der Nacht zu Montag mindestens drei Polizisten ums Leben. Provinzgouverneur Asadullah Wafa sagte der Nachrichtenagentur Pajhwok, die Angreifer seien aus dem benachbarten Pakistan gekommen und hätten sich nach der Attacke wieder dorthin zurückgezogen. (tso/dpa)

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