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Taliban

© AFP

Afghanistan: Geheim in Mekka

Vertreter der Taliban und von Afghanistans Regierung sollen sich in Saudi-Arabien getroffen haben. Die Vertreter von Taliban-Führer Mullah Omar sollen dabei betont haben, nicht mehr Verbündeter der Al Qaida zu sein.

Berlin - Die Gespräche in Mekka könnten eine Zäsur für die Krise in Afghanistan bedeuten. Unter der Vermittlung des saudischen Königs Abdullah persönlich soll sich im September, zum Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan, in Mekka eine 17-köpfige afghanische Delegation getroffen haben. Mit außergewöhnlicher Besetzung: Zwei Regierungsvertreter, elf Taliban als Gesandte für deren Führer Mullah Omar, ein Vertreter des Islamisten und Warlords Gulbuddin Hekmatjar sowie drei weitere Gesandte sollen sich Ende September vier Tage lang darüber unterhalten haben, wie ein Ausweg aus dem blutigen Konflikt gefunden werden könnte. Die Vertreter von Mullah Omar sollen dabei betont haben, dass der Führer der afghanischen Taliban nicht mehr länger ein Verbündeter des Terrornetzwerks von Al Qaida und dessen Anführer Osama bin Laden sei.

Das Treffen, berichtet der US-Sender CNN unter Berufung auf „Quellen aus dem Umfeld der Gespräche“, sei zwei Jahre lang vorbereitet worden, es habe als „Eisbrecher“ für weitere Gespräche gedient, eine zweite Runde soll laut saudischen Quellen in zwei Monaten stattfinden. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich stark verschlechtert. Seit Januar sind bei Kämpfen und Anschlägen mehr als 4000 Menschen getötet worden – mehr als in jedem anderen Jahr seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001.

Gespräche zwischen Islamisten und der Regierung von Präsident Hamid Karsai wären sehr hilfreich, um das Blutvergießen einzuschränken, sagt der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig. Karsai sei sehr an der Vermittlung der Saudis interessiert, und als Hüter der Heiligen Stätten in Mekka und Medina sei der saudische König eine religiöse Autorität für alle Muslime – auch die Taliban. Jedoch, sagt Ruttig, wäre es gefährlich, fänden „in eine Regierung, die von Drogenhändlern und Islamisten durchsetzt ist“, sogar zwei weitere islamistische Gruppen hinein, ohne dass zugleich demokratische Gruppen, Reformer und die Zivilgesellschaft gestärkt würden. In jedem Fall müssten die Taliban und die Kämpfer um Hekmatjar im Gegenzug für politische Garantien ihre Waffen abgeben oder zunächst wenigstens nicht anwenden.

Weil in Afghanistan der Kontakt zwischen den Fraktionen und Einzelpersonen nie abgerissen ist, gab es schon früher informelle Gespräche oder zumindest Telefonate zwischen Regierungsvertretern und Taliban auf lokaler Ebene. Bisher wurden diese aber nie systematisiert. Ein Indikator dafür, dass diesmal etwas anders ist, wäre nach Ruttigs Ansicht der Wahlkampf um die Präsidentschaft. Zum Beispiel, ob sich die Taliban mit Anschlägen bei der Wählerregistrierung zurückhalten, die am Montag in mehreren Provinzen begonnen hat, und wie deren Führung auf Attentate reagiert. Im Herbst 2009 soll gewählt werden, bis zum Februar will die Regierung rund acht Million Neuwähler registrieren lassen.

Auch im Bundestag geht es in dieser Woche um Afghanistan: Am Dienstag debattieren die Parlamentarier in einer Sondersitzung über die einjährige Verlängerung des Bundeswehreinsatzes und gleichzeitige Aufstockung des Kontingents um 1000 auf 4500 Mann. Die Entscheidung soll Mitte Oktober fallen. Das Verteidigungsministerium bestätigte indes, Deutschland werde keine KSK-Soldaten mehr für den Anti-Terroreinsatz in Afghanistan im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ zur Verfügung stellen. Allerdings sind seit Jahren keine Soldaten des Kommandos Spezialkräfte mehr am Hindukusch zum Einsatz gekommen.

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