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Treffen der Stammesführer

© dpa

Afghanistan: Großes Palaver in Kabul

Hunderte Stammesführer sind in Afghanistans Hauptstadt gereist, um mit Präsident Karsai über die angespannte Lage im Land zu beraten. Doch der wichtigste Teilnehmer hat abgesagt: Pakistans Präsident Musharraf versucht Zuhause, sein Regime zu retten.

In Kabul hat am Donnerstag eine dreitägige afghanisch-pakistanische "Friedens-Dschirga" begonnen. Rund 700 Religions- und Stammesführer kamen am Rande der afghanischen Hauptstadt zusammen, um über eine Beruhigung der gespannten Sicherheitslage im Grenzgebiet zwischen beiden Ländern zu beraten. "Wenn sich Afghanistan und Pakistan zusammenschließen, werden wir die Unterdrückung gegen beide Staaten in einem Tag besiegen können", sagte der afghanische Präsident Hamid Karsai zur Eröffnung. Bei einer Offensive der pakistanischen Armee im grenznahen Nord-Waziristan starben mindestens zehn Anhänger der radikal-islamischen Taliban.

Das Treffen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in einem Zelt am Rande Kabuls statt. Die Taliban boykottierten die Versammlung. Nach Angaben eines pakistanischen Regierungsvertreters blieben auch etwa hundert geladene Gäste aus Pakistan dem Treffen fern, vor allem aus Nord- und Süd-Waziristan. Dort befinden sich Rückzugsgebiete der Taliban; auch Kämpfer des Terrornetzwerks Al Qaida sollen sich in Waziristan verborgen halten. Karsai und die USA werfen ihrem Verbündeten Pakistan vor, zu wenig dagegen zu unternehmen. Pakistan hatte die Taliban bei ihrer Machtübernahme in Afghanistan 1996 unterstützt.

Musharraf unter Druck

Pakistans Ministerpräsident Shaukat Aziz, der Staatschef Pervez Musharraf bei der Friedens-Dschirga vertritt, wies die Vorwürfe aus dem Nachbarland zurück. Schicksal und Zukunft beider "Bruderstaaten" seien eng miteinander verknüpft, betonte er. Es ist das erste Mal, dass derart viele Paschtunen aus beiden Ländern zu einer Konferenz zusammenkommen. Die Initiative war von einem Treffen Karsais und Musharrafs mit US-Präsident George W. Bush vor knapp einem Jahr ausgegangen.

Musharraf hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt und dies mit Verpflichtungen in Pakistan begründet. Der Staatschef steht von vielen Seiten unter Druck. So wächst die Unzufriedenheit mit seinem autokratischen Regierungsstil. Seine Suspendierung des Obersten Richters des Landes wurde nach monatelangen Protesten von der Justiz für nichtig erklärt. Zahlreiche Anschläge und Angriffe, bei denen in weniger als einem Monat mehr als 230 Menschen getötet wurden, erhöhen die politische Instabilität. Zudem droht dem Präsidenten die Rückkehr seiner politischen Rivalen, der früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto und des von Musharraf 1999 gestürzten Navez Sharif, aus dem Exil.

Karsai kritisiert Geiselnahmen

Karsai geißelte zur Eröffnung der Friedens-Dschirga auch die jüngsten Entführungen, vor allem die Verschleppung einer Gruppe von Südkoreanern einschließlich 16 Frauen. Es sei "infam" und verstoße gegen die Traditionen des Landes, wenn die Taliban Frauen entführten, sagte Karsai. "Spiegel Online" berichtete, der im März in Afghanistan getötete deutsche Mitarbeiter der Welthungerhilfe sei von Taliban ermordet worden. Der Gouverneur der Provinz Sar-e-Pol, Sajed Ikbal Munib, erklärte demnach, die festgenommenen Tatverdächtigen gehörten einer Taliban-Gruppe an, die Verbindungen zu Al Qaida unterhalte.

In Nord-Waziristan hätten Truppen und Kampfhubschrauber nach einer Serie von Sprengstoffanschlägen mutmaßliche Stellungen der Rebellen unter Beschuss genommen, sagte der pakistanische Armeesprecher Generalmajor Waheed Arshad: "Wir haben Berichte unserer Quellen vor Ort erhalten, denen zufolge zehn bis zwölf Aufständische getötet wurden." (mit AFP/dpa) 

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