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Afghanistan: Hauptfeldwebel getötet - Regierung "tief erschüttert"

Bestürzung nach einem weiteren Attentat auf Bundeswehrsoldaten im Norden Afghanistans: Bei einem Sprengstoffanschlag ist am Mittwoch ein 29 Jahre alter Hauptfeldwebel getötet worden. Nach Medienberichten haben sich mittlerweile die radikal-islamischen Taliban zu dem Anschlag bekannt.

Bestürzung nach einem weiteren Attentat auf Bundeswehrsoldaten im Norden Afghanistans: Bei einem Sprengstoffanschlag ist am Mittwoch ein 29 Jahre alter Hauptfeldwebel getötet worden. Drei Kameraden des Patrouillenführers wurden leicht verletzt, teilte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Berlin mit. Damit erhöht sich die Zahl der seit Beginn des Einsatzes 2002 gestorbenen deutschen Soldaten der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf auf 28. Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag als hinterhältig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich "tief erschüttert" und sprach den Angehörigen im Namen des ganzen Kabinetts ihr Mitgefühl aus. Nach einem Bericht von "Spiegel Online" bekannten sich die radikal-islamischen Taliban zu der Tat.

Isaf-Sprecher Richard Blanchette erklärte: "Das Leben des Soldaten wurde genommen, während er dem afghanischen Volk half, eine bessere Zukunft aufzubauen." Der getötete Hauptfeldwebel gehörte dem Fallschirmjäger-Bataillon 263 der Saarlandbrigade aus Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) an. Wann seine Leiche und die verwundeten Soldaten nach Deutschland geflogen werden, stand am Mittwoch noch nicht fest. Der Deutsche Bundeswehrverband kritisierte, dass die internationale Gemeinschaft in Afghanistan "zu sehr auf die militärische Karte" setze und den zivilen Wiederaufbau vernachlässige.

Patrouille gerät in Sprengfalle

Die Bundeswehr-Patrouille war Jung zufolge am Mittwoch um 09:25 Uhr Ortszeit (06.55 MEZ) wenige Kilometer südlich von Kundus-Stadt in eine Sprengfalle geraten, nachdem der Trupp mit acht Fahrzeugen einen Fluss durchquert habe. Der Anschlag sei durch einen Draht ausgelöst worden und habe den ersten Wagen des Konvois, ein geschütztes Fahrzeug vom Typ "Wolf", getroffen. Teil der Patrouille war ein sogenannter Beweglicher Arzttrupp, der die Opfer schnell versorgte und zum größten deutschen Stützpunkt im nordafghanischen Masar-i-Scharif flog.

Jung sagte: "Wir trauern um den Bundeswehrsoldaten und wünschen den Verletzten rasche Genesung." Zugleich betonte er, dass der Einsatz weitergehe. Er räumte ein, dass sich die Sicherheitslage im Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr mit bis zu 3500 Mann stationiert ist, verschärft habe. Die Mission müsse aber auch zur Sicherheit Deutschlands fortgeführt werden, um Rückzugsmöglichkeiten und neue Ausbildungslager für Terroristen zu verhindern.

Schon dritter Angriff auf die Bundeswehr 2008

Es war der dritte Angriff auf die Bundeswehr in diesem August. Vor drei Wochen waren drei deutsche Soldaten bei einem Anschlag schwer verletzt worden. Zu dieser Tat hatten sich die Taliban bekannt. Vor einer Woche war eine Patrouille angegriffen worden. Bei dem darauffolgenden Schusswechsel wurde einer der Angreifer erschossen. Bei einem Selbstmordanschlag in Kundus waren zuletzt im Mai 2007 drei deutsche Soldaten gestorben. Laut Hilfsorganisationen wurden bei Kämpfen und Anschlägen in Afghanistan in diesem Jahr insgesamt mehr als 3000 Menschen getötet, darunter etwa 1000 Zivilisten.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, er sei sicher, dass die Zuständigen in Afghanistan alles tun werden, um die Vorgänge aufzuklären. Unmittelbare Konsequenzen für die bisherige deutsche Afghanistan-Politik sehe er nicht. Die FDP erklärte, dieser weitere "menschenverachtende Anschlag" zeige, welch hohes Risiko die Bundeswehr in Afghanistan auf sich nehme, um dem Land eine Friedensperspektive zu geben. Die Grünen fordern einen Kurswechsel zu mehr ziviler Hilfe, die Linke den Abzug der Bundeswehr.

Bundeswehrverband übt harte Kritik

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, sagte, die "permanente Ignoranz berechtigter Kritik" an Defiziten des Einsatzes erweise sich als Bumerang. "Und das wird auf dem Rücken unserer Soldaten ausgetragen."

Der Gouverneur der Provinz Kundus, Engineer Mohammad Omar, machte die Taliban und das Terrornetz Al Qaida für den Anschlag verantwortlich. Omar sagte, die Bundeswehr sei im Distrikt Chardara mit einem ferngezündeten Sprengsatz angegriffen worden. Chardara gilt als eine der unsichersten Gegenden in der Provinz Kundus.

Der Bundestag entscheidet Anfang Oktober über eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats in Afghanistan. Jung hat die Aufstockung des deutschen Kontingents von 3500 auf 4500 Mann vorgeschlagen. In der Diskussion ist ferner, Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato nach Afghanistan zu entsenden. Jung rechnet damit, dass der Militärausschuss der Nato spätestens Mitte September "zu einem Ergebnis" kommen wird. (ae/dpa)

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