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Afghanistan: Koalition streitet über Becks Friedensinitiative

SPD-Chef Kurt Beck will eine Friedenskonferenz für Afghanistan - unter Beteiligung gemäßigter Vertreter der radikal-islamischen Taliban. Während SPD-Politiker die Idee begrüßten, kam von der Union harsche Kritik.

Berlin - CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte, wer mit Terroristen kooperiere, mache sie nur stärker. Bei den Grünen gehen die Meinungen derweil auseinander. Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele unterstütze den Beck-Vorstoß, der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei lehnte ihn ab. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, die Regierung Afghanistans wolle "jene Kräfte stärker einbinden, die der Gewalt abschwören und sich konstruktiv gegenüber der Regierung verhalten". Beck habe deshalb darauf hingewiesen, dass Gesprächsforen in Deutschland zur Verfügung stünden, falls Kabul dies wünsche. "Mit diesem Hinweis bin ich sehr einverstanden", sagte der Außenminister.

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich betonte: "Wenn wir den europäischen Ansatz der zivil-militärischen Aufbauhilfe stärken wollen, könnte eine Friedenskonferenz für Afghanistan helfen." Dazu werde man die Taliban selbst nicht einladen können. "Aber es gibt offenkundig Fraktionen in diesem Lager, die zu politischen Verabredungen bereit sind", unterstrich der SPD-Politiker.

Söder lehnte die Idee Becks dagegen entschieden ab. Man könne den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) viel vorwerfen, aber beim Thema Afghanistan habe er "klaren Kurs" gehalten. "Dieses Niveau erreicht Beck bei weitem nicht", sagte der CSU-Politiker. Eine neue Friedensinitiative müsse in EU und Nato besprochen werden, forderte er. Mit seinem Vorstoß ignoriere Beck die internationalen Bündnisverpflichtungen Deutschlands. Man könne nicht glaubwürdig für den "Tornado"-Einsatz stimmen und sich gleichzeitig mit den Taliban an einen Tisch setzen wollen.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), teilte diese Absicht. Er glaube zwar, dass hinter Becks Vorschlag eine gute Absicht stehe, aber die Idee sei nicht zu Ende gedacht und gehe an der Sache vorbei, sagte Polenz. Beck schätze die Taliban falsch ein. Diese seien eine totalitäre Bewegung, die eine Schreckensherrschaft errichtet habe und wiedererrichten würde, wenn sie die Macht hätte.

Ströbele: Man muss mit jedem reden

Der Grünen-Politiker Ströbele stellte sich ebenfalls hinter die Idee Becks: "Ich glaube, man muss mit jedem reden, der selbst Gesprächsbereitschaft signalisiert, also auch den Taliban." Auf regionaler Ebene seien bereits Waffenstillstandsvereinbarungen unter Einbeziehung der Taliban geschlossen worden, sagte der Grünen-Politiker. Ziel sei nicht, die internationalen Truppen abzuziehen und "Afghanistan seinem Schicksal zu überlassen", fügte Ströbele hinzu. "Aber man sollte neue Wege gehen und auf dem Verhandlungsweg möglichst viel von dem retten, was an Aufbau und Errungenschaften erreicht wurde", betonte er.

Dagegen bezweifelte der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei die "Sinnhaftigkeit" einer Friedenskonferenz in Deutschland unter Einbeziehung der Taliban. "Ich denke nicht, dass Beck den Taliban-Führer Mullah Omar nach Deutschland einladen möchte - wobei das ein schöner Trick wäre, um den seit dem 11. September 2001 gesuchten Extremisten endlich zu verhaften", sagte Nachtwei.

Als "wenig realistisch und sinnvoll" bezeichnete Nachtwei auch Becks Vorschlag, moderate und friedenswillige Taliban-Führer zu einer öffentlichen Friedenskonferenz einzuladen. "Allein die Teilnahme würde für Taliban-Aussteiger das Todesurteil bedeuten", warnte er. Becks Intention sei gleichwohl zu unterstützen, zwischen Hardcore-Taliban und Mitläufern zu unterscheiden, um den Widerstand zu spalten, erklärte Nachtwei. (Von Manfred Rey, ddp)

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