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Afghanistan: KSK war am Einsatz in Kundus beteiligt

Über 100 Menschen starben in der Bombennacht von Kundus. Nun stellt sich heraus: Der verantwortliche Bundeswehroberst wurde offenbar von der Eliteeinheit KSK unterstützt.

Der Angriff auf zwei im Sand feststeckende Tanklastzüge nahe des afghanischen Kundus Anfang September ist nach Informationen der Bild-Zeitung aus einem Kommandostand der geheimen Einheit der Taskforce 47(TF47) geführt worden. Diese Taskforce besteht zur Hälfte aus Soldaten der Bundeswehr-Elite-Einheit Kommando Spezialkräfte (KSK).

Die KSK-Soldaten sind dem Bericht zufolge an dem gesamten Einsatz vom ersten Hinweis eines afghanischen Informanten bis zur abschließenden Entscheidung zu bombardieren beteiligt gewesen. Bundeswehr-Oberst Georg Klein, der die Entscheidung zur Bombardierung traf, war demnach zugleich auch Chef dieser TF47, berichtet Bild unter Berufung auf Bundeswehr-Kreise und -Berichte. Er soll von fünf Offizieren und Unteroffizieren der Taskforce beraten
worden sein.

Das geheime Einsatzprotokoll floss Bild zufolge nicht in den Nato-Untersuchungsbericht ein. Zwar sei die Taskforce dort erwähnt, jedoch ohne einen Hinweis auf das KSK. Einen Verdacht, wonach die Bundeswehr auf die Erstellung des Nato-Berichts Einfluss genommen haben könnte, hatte ein Bundeswehr-Sprecher allerdings bereits am 2. November zurückgewiesen.

Aus dem Untersuchungsbericht der deutschen Feldjäger unmittelbar nach dem Bombardement zitiert die Zeitung, es gebe keine Informationen darüber, ob die Entscheidung zum Angriff vom Kommandeur des deutschen Feldlagers Kundus, Klein, "oder an anderer Stelle vorbereitet bzw. getroffen wurde".  

Ein Ministeriumssprecher sagte der Zeitung, die Obleute des Verteidigungsausschusses des Bundestages seien am 6. November über die Taskforce47 informiert worden. Für eine weitere Stellungnahme war das Ministerium am Donnerstag zunächst nicht zu erreichen.

Die rund 1000 Soldaten des KSK gelten als Deutschlands härteste Kämpfer. Sie sind auf militärische Sonderaufträge im Ausland wie auch auf die Bekämpfung von Terroristen spezialisiert. Mehrere Dutzend Soldaten des Kommandos werden auch in Afghanistan eingesetzt. Unter anderem suchen sie dort nach Taliban-Kämpfern und al-Qaida-Terroristen.

Wie viele Menschen bei dem Luftangriff ums Leben kamen, ist unklar. Ein Untersuchungsbericht der afghanischen Regierung sprach von 30 toten Zivilisten, ein geheimer Nato-Bericht geht von bis zu 142 Toten insgesamt aus. Derzeit prüft die Bundesanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Klein.

Erst am Mittwoch war Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen seines Umgangs mit der Bombardierung von Kundus erneut in Bedrängnis geraten. Ihm soll bereits am 6. November ein Bericht des Internationalen Roten Kreuzes vorgelegen haben, das den Angriff als "völkerrechtswidrig" einstufte. Guttenberg bezeichnete die Bombardierung damals dennoch als "angemessen". Später korrigierte Guttenberg diese Bewertung mit der Begründung, ihm seien zum damaligen Zeitpunkt wichtige Informationen vorenthalten worden. Der Bericht des Roten Kreuzes lässt die damalige Einschätzung Guttenbergs nun allerdings erneut fragwürdig erscheinen.

Die Linke verlangte von Guttenberg am Donnerstag dringend mehr Aufklärung über den verheerenden Luftschlag in Afghanistan. Die Regierung solle den Obleuten in den Bundestagsausschüssen für Verteidigung und Äußeres in einer sofortigen Sitzung weitere Informationen geben - und zwar auch über verdeckte Operationen der Bundeswehr, forderten die zuständigen Vertreter der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke und Paul Schäfer.

In Zusammenhang mit der Affäre sind bereits der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan und der Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Peter Wichert, entlassen worden. Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) übernahm die politische Verantwortung und gab sein neues Amt als Arbeitsminister auf.

In den kommenden Wochen wird sich zudem ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit den Vorfällen beschäftigen. Die Fachleute aller fünf Fraktionen einigten sich nach Angaben aus Bundestagskreisen mittlerweile auf einen Arbeitsauftrag für das Gremium. Der Text solle am kommenden Mittwoch im Verteidigungsausschuss endgültig verabschiedet werden, hieß es am Mittwoch in Berlin. Auch die schwierige Frage, wie stark die Öffentlichkeit bei den Beratungen zugelassen werde, solle dann geklärt werden. 

Die Bundesregierung kündigte unterdessen eine finanzielle Entschädigung von Opfern und Hinterbliebenen an.  

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa reuters

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