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Afghanistan: Oberst Klein: Ich trauere um die Menschen

Der Bundeswehroberst Georg Klein hat bei einem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages die Bombardierung zweier Tanklaster in Nordafghanistan verteidigt. Die Bundesregierung bewertet Konflikt in Afghanistan jetzt als Bürgerkrieg.

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Berlin - Der Bundeswehroberst Georg Klein hat bei einem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages die Bombardierung zweier Tanklaster in Nordafghanistan verteidigt. Klein erklärte nach Teilnehmerangaben, er habe in der Nacht zum 4. September den Befehl gegeben, weil er eine unmittelbare Gefahr für seine Soldaten befürchtete. Er sei dabei davon ausgegangen, dass nur Aufständische und Taliban in der Nähe der entführten Tanklaster waren. „Hätte ich gewusst, dass Kinder vor Ort sind, hätte ich den Befehl nicht gegeben“, wird Klein zitiert. „Ich trauere um die Menschen.“

Unklar blieb in der sechsstündigen Zeugenbefragung, welche Rolle damals Mitglieder des Kommandos Spezialkräfte (KSK) und andere Anwesende in der Kommandozentrale spielten. Vertreter der Opposition betonten, es ergäben sich neue Fragen.

Die Bundesregierung bewertete am gleichen Tag den Bundeswehreinsatz in Afghanistan erstmals gegenüber dem Parlament als „bewaffneten Konflikt“ im Sinne des Völkerrechts und damit faktisch als Bürgerkrieg. „Ob uns das gefällt oder nicht, so ist die Lage", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag. Dies habe „Konsequenzen für die Handlungsbefugnisse der Soldaten, die Befehlsgebung und für die Beurteilung des Verhaltens von Soldaten in strafrechtlicher Hinsicht“, fügte er hinzu. Bislang war in Afghanistan von einem Stabilisierungseinsatz die Rede.

Grund für die Neubewertung ist laut Westerwelle die „Intensität der mit Waffengewalt ausgetragenen Auseinandersetzung mit Aufständischen“. Die Bundesanwaltschaft prüft derzeit im Verfahren gegen Oberst Klein, ob sie sich dieser Neubewertung rechtlich anschließt. Nach Einschätzung von Völkerrechtlern würde das bedeuten, dass künftig das Völkerstrafrecht für die Bundeswehr gelten würde. Die Anwendung von militärischer Gewalt wäre damit prinzipiell auch dann zulässig, wenn zivile Opfer nicht von vornherein auszuschließen sind. Im Gegensatz zu Truppen zahlreicher anderer Staaten am Hindukusch war die Bundeswehr in ihrem Vorgehen bisher dem zivilen Strafrecht unterworfen, das auf die Situation eines Bürgerkriegs aber nur begrenzt angewendet werden kann. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wandte sich gegen die Neudefinition. Ob es sich in Afghanistan um einen „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ handele, sei nicht von der Bundesregierung zu entscheiden, sagte er. Sie dürfe nicht durch eigene Bewertungen zur Eskalation beitragen.

Der Bundestag soll Ende Februar über das neue Afghanistanmandat entscheiden. Es sieht eine Aufstockung der Truppen um bis zu 850 Soldaten und eine Verdoppelung der zivilen Aufbaumittel vor. Westerwelle verwies darauf, dass Deutschland bis zu zehn Millionen Euro pro Jahr für einen Aussteigerfonds für Mitläufer der Taliban anbiete. Der Fonds sei letztlich ein „Ausbildungs- und Beschäftigungspaket“, meinte er.

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