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Afghanistan: Ohne Schutz

Frauen werden in Afghanistan noch immer bedroht und diskriminiert, berichtet Human Rights Watch.

Berlin - Wenn das Gefängnis der einzige Ort ist, an dem sich Frauen sicher fühlen, dann stimmt ganz offensichtlich etwas nicht. Auf Afghanistan trifft dies zu. Die Frauengefängnisse dort sind voll mit Häftlingen, die aus ihrem Elternhaus oder dem Haus ihres Mannes geflohen sind, um einer Zwangsheirat zu entgehen. Und Hilfsorganisationen, die sich für Freiheit der Frauen einsetzen, erleben immer wieder, dass diese lieber hinter Schloss und Riegel bleiben wollen. Der Grund: Die meisten müssen draußen um ihr Leben fürchten, weil sie ihren Familien nach afghanischer Tradition Schande bereitet haben. Deshalb ziehen sie es vor, im Gefängnis dahinzuvegetieren, obwohl ihnen auch dort Gewalt durch Wachmänner etwa droht und die Lebensbedingungen alles andere als human sind.

Doch die Gefängnisse sind nicht der einzige Missstand in Afghanistan. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat am Sonntag einen ernüchternden Bericht zur Lage der Frauen in dem Land vorgelegt. Acht Jahre nach dem Ende der menschen- wie frauenverachtenden Herrschaft der Taliban hat sich die Situation der Frauen demnach zwar verbessert, doch „Frauen und Mädchen leiden noch immer unter einem hohen Maß an Gewalt und Diskriminierung“, so die zentrale Aussage des Berichts. Als ein Beispiel unter vielen nennt auch Human Rights Watch die Gefängnisse. Mehr als die Hälfte aller weiblichen Gefangenen würden dort für sogenannte moralische Straftaten wie das Weglaufen von zu Hause eingesperrt, obwohl ein solcher Straftatbestand weder im afghanischen Recht noch in der Scharia existiere. Zwangsheiraten und die Heirat von unter 16-jährigen Mädchen dagegen seien nach dem Gesetz sehr wohl verboten, würden aber weiter geduldet.

„Polizei und Justiz halten Gewalt gegen Frauen für legitim und verfolgen solche Fälle daher nicht“, wird eine afghanische Frauenrechtlerin zitiert. Dem Bericht zufolge müssen in Afghanistan selbst Vergewaltiger und Frauenmörder keine Strafverfolgung fürchten. Besonders Frauen, die für ihre eigenen und die Rechte anderen Frauen kämpften lebten unter ständiger Bedrohung, viele prominente Frauen seien bereits Opfer von Verbrechen geworden. Aussicht auf Besserung sieht die Organisation kaum, da fundamentalistische Kräfte in der Regierung wieder Einfluss gewönnen und Aufständische das Land zunehmend destabilisierten. Auch Versöhnungsbemühungen mit den Taliban könnten die seit 2001 erzielten Erfolge infrage stellen, so das Fazit.

Human Rights Watch fordert die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft auf, besser für den Schutz von Frauen und Mädchen Sorge zu tragen. „2001 diente die Notlage afghanischer Frauen und Mädchen unter den Taliban noch als Rechtfertigung für die Invasion, die neue afghanische Regierung und ihre internationalen Unterstützer haben den Rechten der Frauen jedoch nicht konsequent Priorität eingeräumt“, heißt es in dem Bericht. Die Mehrzahl der afghanischen Mädchen würde bis heute nicht einmal die Grundschule besuchen.

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