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Afghanistan-Schutztruppe: Am unteren Rand

Der Stabschef der Afghanistan-Schutztruppe Bruno Kasdorf fordert mehr Truppen für den Isaf-Einsatz.

Von Robert Birnbaum

Der General ist nicht zu sehen, weil irgendwo zwischen Kabul und Berlin die Videoleitung verloren gegangen ist. Dafür ist Bruno Kasdorf sehr gut zu verstehen, akustisch, aber auch inhaltlich. „Wir haben jetzt schon zu wenig Kräfte“, sagt der Deutsche, der den Stab der internationalen Afghanistan-Schutztruppe in Kabul leitet. „Wir sind unbedingt auf den Beitrag von OEF angewiesen.“ OEF ist die „Operation Enduring Freedom“, die von den USA geführte Anti-Terror-Operation. OEF ist in Deutschland umstritten. So umstritten, dass in der SPD nicht mehr nur die üblichen Linken, sondern auch verteidigungspolitische Realos wie der frühere parlamentarische Verteidigungsstaatssekretär Walter Kolbow die deutsche Beteiligung an dieser Operation auf den Prüfstand gestellt sehen wollen.

Es dürfte also kein Zufall sein, dass das Verteidigungsministerium am Donnerstag Gelegenheit bietet, mit Kasdorf zu sprechen. Die Botschaft des deutschen Generalmajors im Dienst des internationalen Isaf-Kommandos ist eindeutig: Die Lage in Afghanistan ist schwierig, aber längst nicht hoffnungslos. Und: Jeder Soldat wird gebraucht, egal ob unter Isaf- oder OEF-Mandat. Ob das auch für den deutschen Beitrag gelte, bis zu 100 Mann der Elitetruppe KSK, die allerdings seit drei Jahren gar nicht mehr von OEF angefordert worden sind? „Das ist so eine Frage, die Sie den Politikern stellen müssen und nicht einem deutschen General“, sagt Kasdorf. Nur allgemein dies: „Wir sind dankbar für jeden Beitrag.“

Tatsächlich sei Isaf schon heute personell am unteren Rand. Mit 40 000 Mann in einem Land von mehr als der doppelten Größe der Bundesrepublik sei der Personalstand „ganz, ganz eng genäht“, klagt der Stabschef. Wäre der Afghanistan-Einsatz so gut besetzt wie der im Kosovo, müssten 800 000 Mann am Hindukusch stehen. Das sei illusorisch. Aber „ein paar tausend Mann“ mehr würden helfen. Wobei Kasdorf klarstellt, dass sich die Forderung an alle Isaf-Staaten richtet. „Ausgesprochen wertvoll“ sei der Beitrag der deutschen Aufklärungs-Tornados.

Ausdrücklich widerspricht der General der verbreiteten Kritik an OEF. Die enge Abstimmung mit Isaf sei „gewährleistet“, und das bis zu dem Punkt, dass OEF auf Operationen verzichte, wenn Isaf widerspreche.

Unterdessen sorgt ein Vorstoß aus der Koalition zur Ausdehnung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan auf das ganze Land für offenen Streit in der Unionsfraktion. Die Fraktionsspitze erteilte dem Vorhaben, das der CSU-Außen-Experte Karl-Theodor von Guttenberg gemeinsam mit seinem SPD-Kollegen Hans-Ulrich Klose präsentiert hatte, eine klare Absage. „Diese Haltung entspricht weder der in der Koalition verabredeten Linie noch der Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“, erklärten der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff und der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden.

Guttenberg und Klose hatten dafür plädiert, Ausbildungsteams der Bundeswehr in die Lage zu versetzen, die von ihnen betreuten afghanischen Einheiten in den Einsatz in andere Landesteile zu begleiten. Die drei Mandate für den Afghanistan-Einsatz sollten dazu in einem einzigen Mandat unter dem Dach der Nato-Truppe Isaf zusammengefasst werden, schrieben sie in der FAZ vom Freitag.

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