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Afghanistan: Taliban: Alle in einen Topf

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) will sich an Reintegrationsprogrammen für Taliban-Kämpfer und Sympathisanten beteiligen. Wie soll das genau funktionieren?

Von Michael Schmidt

Ein Aussteigerprogramm für Taliban – das ist keine ureigene Idee des liberalen Politikers, vielmehr greift Westerwelle damit auf, was die afghanische Regierung auf der Konferenz am Donnerstag in London der internationalen Gemeinschaft vorschlagen wird. Ganz im Sinne dessen, was Präsident Hamid Karsai nach seiner umstrittenen Wiederwahl in seiner Antrittsrede bereits verkündete: „Wir heißen all jene Landsleute willkommen, die keine Verbindungen zu internationalen Terror-Netzwerken haben, die ein friedliches Leben im Licht unserer Verfassung führen wollen und die in ihr Zuhause zurückkehren wollen. Wir werden ihnen die notwendige Unterstützung bieten.“

Seither ist viel von Versöhnung und Integration die Rede, von Verhandlungen mit gemäßigten Taliban und anderen Aufständischen. Nun sind die UN-Resolutionen, die der internationalen Mission am Hindukusch zugrunde liegen, bisher immer so verstanden worden, dass die Bekämpfung des Terrorismus Verhandlungen mit Taliban oder gar Geldzahlungen an Aufständische ausschließe. Darum wird es wohl auch dabei bleiben, dass nicht Vertreter des Westens das Gespräch mit den Kämpfern suchen werden, sondern das Sache der Afghanen selbst sein wird. Nach der Konferenz in London soll ein Fonds aufgelegt werden, in den der Westen einzahlt – verteilt wird das Geld aber von den Afghanen. Es wird somit keine direkten Zahlungen an ehemalige Kämpfer geben, sondern Finanztransfers in einen Topf der afghanischen Regierung, die das Geld dann für ihre Zwecke nutzen kann. Deutschland will sich mit einem zweistelligen Millionenbetrag daran beteiligen. Der genaue Betrag soll am Montagabend bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt beschlossen werden, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen.

Allerdings warnen Experten vor den Gefahren solcher Zahlungen. Die Verteilung der Fondsgelder könnte die Korruption in Afghanistan noch verstärken oder in den Augen von Afghanen, die keine Sympathien für die Taliban haben, wie eine Belohnung der islamistischen Kämpfer wirken. Citha Maaß von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin rät der Bundesregierung daher, kein Geld in den Fonds einzuzahlen, sondern das Kabuler Vesöhnungsprogramm durch konkrete Projekte im deutschen Verantwortungsbereich zu unterstützen. Indem man jenen, die dem Kampf abschwören, eine Ausbildung zukommen lässt, ihnen einen Arbeitsplatz verschafft und ihre Familien wirksam vor Racheakten schützt. Michael Schmidt

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