zum Hauptinhalt
Nach dem Anschlag. Afghanische Polizisten stehen vor dem Eingang des Gouverneursgebäudes von Talokan, wo bei dem Attentat vom Samstag sieben Menschen getötet worden waren.

© AFP

Afghanistan: Taliban-Angriffe könnten noch zunehmen

Die Diskussion um den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan verschärft sich. Der Taliban-Experte Ahmed Rashid meint, die Anschläge im Norden Afghanistans könnten weiter zunehmen.

Berlin - Als habe er geahnt, dass die politische Debatte über das Für und Wider des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan nach dem tödlichen Anschlag am Hindukusch nicht lange auf sich warten lassen würde, griff Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Wochenende zu eindringlichen Worten. Die Bevölkerung in Deutschland solle „gerade jetzt unseren Einsatz in Afghanistan“ unterstützen, appellierte der Minister, nachdem am Samstag zwei Bundeswehrsoldaten bei einem Selbstmordattentat in Talokan ums Leben gekommen waren. Der Aufruf de Maizières fällt in eine kritische Zeit; nach Ansicht von Experten könnten die Angriffe der Taliban auf die Bundeswehr im Norden Afghanistans in naher Zukunft noch zunehmen.

In Deutschland verlangte derweil der Verteidigungsexperte der Union, Ernst-Reinhard Beck (CDU), nach dem Anschlag eine Gegenoffensive der internationalen Truppen gegen die Taliban. „Der Anschlag kann nicht ohne Folgen bleiben“, sagte der Fachsprecher der CDU/CSU-Fraktion der Nachrichtenagentur dpa. Dagegen forderte Linken-Chef Klaus Ernst den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. „In Afghanistan tobt ein blutiger Krieg ohne Sieger“, sagte er. Trotz derartiger Forderungen will sich die Bundesregierung aber in ihrer Afghanistan-Strategie nicht beirren lassen – weder bei der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehrsoldaten und afghanischen Sicherheitskräften, noch beim Zeitplan für den geplanten Abzug der deutschen Soldaten. Gegen Ende des Jahres soll der Abzug der ersten deutschen Soldaten beginnen.

Bei dem Selbstmordanschlag in Talokan waren am Samstag insgesamt sieben Menschen getötet worden, darunter neben den beiden Bundeswehrsoldaten auch der afghanische Polizeikommandeur für den Norden, Daud Daud. Verteidigungsminister de Maizière sagte am Sonntag, dass die Zahl der Täter weiter unbekannt sei. Es weise allerdings viel darauf hin, dass ein bis zwei der mutmaßlichen Täter Uniformen angehabt hätten. Unklar sei jedoch, ob sie sich die Uniformen angeeignet hätten oder ob die Täter Teil der Sicherheitskräfte gewesen seien.

Nach Angaben der Bundeswehr war der Zustand des bei dem Anschlag verwundeten deutschen Generals Markus Kneip stabil. Kneip liege im Feldlazarett im Bundeswehr-Camp Marmal in Masar-i-Scharif, sagte ein Bundeswehr-Sprecher am Sonntag. Er habe weiterhin die Befehlsgewalt über die Internationale Schutztruppe Isaf in Nordafghanistan. Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes vor fast zehn Jahren ist Kneip das hochrangigste Opfer der Bundeswehr und der internationalen Truppen insgesamt bei einem Anschlag. Nie zuvor wurde ein General bei einem Attentat am Hindukusch verletzt oder getötet.

Taliban-Experten wie der pakistanische Journalist Ahmed Rashid gehen allerdings davon aus, dass sich die Sicherheitslage für die Bundeswehr im Norden Afghanistans in naher Zukunft noch verschärfen dürfte. Nachdem schon seit zwei Jahren ein Erstarken der Taliban im Norden des Landes zu beobachten sei, könnte die Situation demnächst noch kritischer werden, sagte Rashid dem Tagesspiegel. Die Radikalislamisten stünden im Süden Afghanistans unter großem Druck der US-Soldaten der Isaf-Truppe und verlagerten die Ziele ihrer Anschläge deshalb zunehmend in den Norden. Dabei würden die Taliban zudem von militanten Extremisten der „Islamischen Bewegung von Usbekistan“ unterstützt, sagte Rashid. mit dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false