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Afghanistan: Verletzte Soldaten auf dem Weg nach Deutschland

Einen Tag nach dem Anschlag auf die Bundeswehr in Afghanistan sind vier der verletzten Soldaten in einem Lazarett-Flugzeug auf dem Weg nach Deutschland. Drei ihrer Kameraden waren bei der Bombenexplosion getötet worden.

Kabul/Berlin - Zwei deutsche Soldaten erlitten schwere und drei leicht Verletzungen. Am Samstag waren bei dem Attentat in Kundus drei deutsche Soldaten und fünf afghanische Zivilisten getötet worden. Außer den fünf Bundeswehrsoldaten wurden ein Übersetzer und 16 Zivilisten verletzt. Vier Verletzte starteten bereits heute vom Lufttransportstützpunkt Termez in Usbekistan, bestätigte ein Sprecher der Luftwaffe. Die Maschine sollte gegen 22:30 Uhr den militärischen Teil des Flughafens Köln-Bonn erreichen. Ein verletzter Soldat blieb in Afghanistan.

Kurz nach dem Attentat nahm Generalbundesanwältin Monika Harms Ermittlungen in dem Fall auf. Ihr Sprecher Frank Wallenta sagte "Bild am Sonntag": "Wir haben nach dem Anschlag noch am Samstagmittag ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet und das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen beauftragt." Über Hintergründe und Täter habe man noch keine Erkenntnisse.

Ein Selbstmordattentäter habe sich am Samstagmorgen neben einer Fußpatrouille in die Luft sprengte, sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Samstagabend im Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Tat.

Steinmeier: Keine sicheren Zonen in Afghanistan

Bundesregierung, Bundestag und Parteien reagierten entsetzt und sprachen den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Dieser perfide Mord erfüllt uns alle mit Abscheu und Entsetzen." Ziel der Attentäter sei es, die Erfolge des Aufbauprozesses in Afghanistan zu zerstören. Die internationale Gemeinschaft sei aber fest entschlossen, den Menschen beim Aufbau einer guten Zukunft ihres Landes weiter zu helfen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, ohne die internationale Hilfe würde Afghanistan erneut in Bürgerkrieg und Gewalt versinken. Der Anschlag unterstreiche, dass es in Afghanistan keine vermeintlich ruhigen oder sicheren Zonen gebe.

Deutsche Politiker ließen keinen Zweifel daran, dass die Bundeswehr weiter zur Stabilisierung Afghanistans eingesetzt werde. Als einzige forderte die Linksfraktion den Abzug der Truppen. Jung warf den Linken politischen Missbrauch eines "hinterhältigen Anschlags" vor und dankte der SPD für die Unterstützung des Einsatzes. "Es darf nichts an dem Auftrag geändert werden", betonte der Minister.

Soldaten sollten technisches Gerät beschaffen

Die getöteten Soldaten kommen nach Jungs Worten aus dem Bereich der Wehrverwaltung in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Einzelheiten wurden mit Rücksicht auf die Angehörigen zunächst nicht mitgeteilt. Die Soldaten hätten den Auftrag gehabt, im Ortszentrum vom Kundus technisches Gerät zu beschaffen. Sie seien mit Sicherheitspersonal unterwegs gewesen und hätten den für den Afghanistan-Einsatz erforderlichen Schutz gehabt. Der Attentäter habe sich aber direkt neben ihnen in die Luft gesprengt.

Die Taliban teilten auf ihrer Webseite mit, ein "Mudschaheddin-Held" habe die deutsche Patrouille angegriffen. Der Attentäter stamme aus der Provinz Kundus. In der vergangenen Woche hatten US-Truppen den Militärchef der Taliban, Mullah Dadullah, getötet. Die Taliban schworen daraufhin Rache. Nach Informationen des Gouverneurs der Provinz Kundus, Mohammad Omar, warten weitere Selbstmordattentäter auf einen tödlichen Einsatz.

Schwerster Anschlag seit 2003

Der Anschlag ist der schwerste auf die Bundeswehr in Afghanistan seit Juni 2003, als ein Selbstmordattentäter in der Hauptstadt Kabul ein mit Sprengstoff beladenes Taxi in einen Bundeswehr-Bus steuerte. Damals starben vier deutsche Soldaten, 29 wurden verletzt. Die Bundeswehr hat ihren Einsatzschwerpunkt in Nordafghanistan. Die Region galt bislang verglichen mit dem umkämpften Süden des Landes als relativ ruhig. Mit dem Attentat vom Samstag kamen bislang 21 Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan ums Leben, 13 davon gewaltsam. Acht starben bei Unfällen. Die Bundeswehr stellt rund 3150 Soldaten und ist drittgrößter Truppensteller der Nato-geführten Schutztruppe.

SPD-Chef Kurt Beck sagte, der Einsatz der Bundeswehr diene dem Ziel, das Leben der Menschen in Afghanistan zu verbessern und eine Perspektive für Frieden zu schaffen. "Wir sind dankbar und stolz auf sie." Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte: "Wir setzen darauf, dass die friedliche Völkergemeinschaft die Oberhand über gewissenlose Terroristen auch in Afghanistan behält."

Grüne: Mittel verstärken

Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Renate Künast und Fritz Kuhn, erklärten, die Mittel für die Ausbildung der Sicherheitskräfte vor Ort müssten deutlich verstärkt werden. Die afghanische Regierung brauche jede erdenkliche personelle und finanzielle Hilfe beim Aufbau ziviler Polizei- und Justizstrukturen.

Die WASG machte die Bundesregierung für den Tod der Soldaten verantwortlich. Merkel müsse "das Leben der Soldaten schützen und die deutschen Truppen sofort aus Afghanistan abziehen", hieß es. Auch die Linkspartei verlangte einen "schrittweisen Rückzug" der Streitkräfte und eine Verstärkung der Entwicklungshilfe. (tso/dpa)

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