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Afghanistan: "Wir machen Geschichte"

Überschattet von Gewalt haben die Afghanen erstmals seit fast vier Jahrzehnten wieder ein Parlament gewählt. Der afghanische Präsident Hamid Karsai nannte die Wahl nach 23 Jahren Krieg und Bürgerkrieg einen "Wendepunkt".

Kabul (18.09.2005, 16:42 Uhr) - Sicherheitskräfte registrierten in mindestens neun von 32 Provinzen Angriffe oder Anschlagversuche auf Soldaten, Polizisten, Kandidaten und Wahllokale. Die Wahlbehörde sprach trotzdem von einer «extrem gesunden Wahl». Ergebnisse werden erst Mitte Oktober erwartet.

Bei einem Bombenanschlag auf die US-geführten Koalitionstruppen in der südafghanischen Provinz Kandahar wurden nach französischen Armeeangaben ein französischer Soldat getötet und ein weiterer schwer verwundet. Beim Einschlag einer Rakete auf einem UN-Gelände am Rande Kabuls wurde ein afghanischer UN-Mitarbeiter leicht verletzt. Die Taliban, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten, übernahmen die Verantwortung dafür. Mindestens vier Rebellen und zwei afghanische Polizisten kamen bei weiteren Kämpfen ums Leben. Die US-Streitkräfte teilten mit, Koalitionstruppen seien mehrfach beschossen worden.

Der Cheforganisator der Wahlbehörde, Peter Erben, nannte die Sicherheitslage bei der Wahl trotzdem «generell sehr gut». Nur in 15 der 6300 Wahlzentren sei es zu Problemen gekommen. Die Wahlbeteiligung sei am Morgen verhalten gewesen, habe dann aber in ganz Afghanistan stark zugenommen. Konkrete Zahlen nannte die Wahlbehörde zunächst nicht. Augenzeugen sagten, Schlangen vor Wahllokalen seien anders als bei der Präsidentenwahl im Oktober vergangenen Jahres weitgehend ausgeblieben.

Augenzeugen berichteten von vereinzelten Unregelmäßigkeiten. Offizielle Wahlbeobachter wollten ihre Berichte erst in den kommenden Tagen vorlegen. 4700 afghanische und 500 ausländische Wahlbeobachter waren im Einsatz. Karsai hatte bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Kabul eine freie und faire Wahl zugesichert. 12,5 Millionen Afghanen hatten sich als Wähler registrieren lassen.

Knapp 2800 Kandidaten bewarben sich um 249 Parlamentssitze, von denen mehr als ein Viertel für Frauen reserviert sind. Parteien waren nicht zur ersten Parlamentswahl seit 36 Jahren zugelassen. Die Bewerber traten als unabhängige Kandidaten an. Eine Aussage über das Wahlergebnis wird sich daher kaum treffen lassen. Zeitgleich mit dem Parlament wurden auch die Räte der 32 afghanischen Provinzen gewählt.

Die Wahl fand unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Die mehr als 30 000 internationalen Soldaten und rund 100 000 afghanischen Sicherheitskräfte bleiben auch während der Stimmenauszählung im Einsatz. Sie sollte am Montag beginnen und bis zum 9. Oktober andauern. Anschließend will die Wahlbehörde vorläufige Ergebnisse verkünden. Nach einer Einspruchszeit soll das Endergebnis der Wahlen am 22. Oktober bekannt gegeben werden. ()

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