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Guinea-Bissau

© dpa

Afrika: Unruhen in Guinea-Bissau - Präsident getötet

Nach dem gewaltsamen Tod des Militärführers von Guinea-Bissau ist die Lage eskaliert. Militärs griffen die Residenz des Präsidenten an und töteten ihn. Die Streitkräfte weisen Gerüchte über einen Putsch zurück. Die EU reagiert entsetzt.

Chaos und Ungewissheit in Guinea-Bissau: Innerhalb weniger Stunden wurden in dem westafrikanischen Kleinstaat zunächst Armee-Chef Tagme Na Wai und dann Präsident João Bernardo Vieira getötet. Die Streitkräfte wiesen am Montag Gerüchte über einen Militärputsch zurück und betonten ihre Treue zu den Institutionen des Staates. Zugleich distanzierte sich die Militärführung vom Mord an Präsident Vieira, für den meuternde Soldaten verantwortlich gemacht wurden. Der 69-jährige Staatschef sei von "einer Gruppe noch nicht identifizierter Bürger" ermordet worden, hieß es offiziell in einem Kommuniqué des Generalstabs in Bissau, das die portugiesische Agentur Lusa veröffentlichte.

Medien sprachen von einer "Vergeltungsaktion" von Soldaten, die dem zuvor ermordeten Armeechef Na Wai nahestanden. Die frühere Kolonialmacht Portugal berief eine Dringlichkeitssitzung der Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Länder (CPLP) ein. Das Krisentreffen der acht Mitgliedsstaaten der CPLP sollte noch am Abend in Lissabon stattfinden.

EU verurteilt Ermordung des Präsidenten

Portugal verurteilte die beiden Mordanschläge scharf und rief dazu auf, die Verfassung zu respektieren. Auch die Europäische Union verurteilte die Ermordung Vieras. Die EU unterstützt seit Juni vergangenen Jahres die Reform von Polizei und Militär in dem Land.

Generalstabschef Na Wai war am Sonntagabend bei einem Bombenattentat auf das Hauptquartier der Streitkräfte getötet worden. Bei dem Angriff wurden laut Medienangaben fünf weitere Menschen verletzt. Zwei schwebten noch in Lebensgefahr. Teile der Armee machten den Präsidenten und früheren Guerilla-Kämpfer "Nino" Vieira für den Mordanschlag verantwortlich. Nur vier Stunden später griffen Militärs am frühen Montagmorgen die Residenz von Staatschef Vieira im Stadtzentrum an. Der Präsident habe flüchten wollen und sei dabei erschossen worden.

Bevölkerung außer Kontrolle

Ein Augenzeuge sagte der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa, die Streitkräfte hätten nach dem Mord das Haus von Vieira geplündert. Entgegen ersten Berichten überlebte Vieiras Ehefrau den Angriff. Sie habe Zuflucht in der Botschaft Angolas gefunden, berichteten Medien in Portugal. Die Lage in Bissau sei nach den Morden weiterhin chaotisch, durch die Straßen zögen Plünderer, berichteten Bewohner der Hauptstadt. Wer in dem Land mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern die Kontrolle habe, sei nicht klar.

Nachdem ein Armeesprecher laut Medien zunächst erklärt hatte, Präsident Vieira sei einer der Hauptverantwortlichen für den Tod des Generals gewesen, drückten sich die Streitkräfte später vorsichtiger aus. Das Militär werde in seiner "verfassungsmäßigen Mission unnachgiebig sein", hieß es. Die Situation in Bissau sei "unter Kontrolle". Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, vorerst nicht auf die Straßen zu gehen und "Ruhe und Ordnung zu wahren".

Jahrelange Konflikte

Vieira selbst war 1980 durch einen unblutigen Putsch an die Macht gekommen und regierte zunächst bis 1999. Nach Flucht und Exil zuletzt in Portugal kehrte er 2005 nach Guinea-Bissau zurück und kandidierte erfolgreich bei Präsidentenwahlen.

Guinea-Bissau wird seit Jahren von Konflikten zwischen rivalisierenden Gruppen erschüttert. Vieira war erst im November einem Anschlag entkommen. Auch Armeechef Na Wai hatte im Januar davon gesprochen, dass er Ziel eines Mordversuchs gewesen sei. Die Attacke sei jedoch vereitelt worden. Bei den Konflikten soll der zunehmende Drogenhandel eine große Rolle spielen. Guinea-Bissau gilt als eines der wichtigsten Transitländer für den Kokainschmuggel von Südamerika nach Europa. (ut/dpa)

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