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Politik: Afrika versinkt in Krieg und Hungersnot - der Westen kann helfen. Will er auch? (Kommentar)

Der deutsche Leser kann wohl nur mit Kopfschütteln reagieren. Erst soll er spenden für Afrikas Hungerstaaten Äthiopien und Eritrea, und nun liefern sich beide Staaten einen mörderischen Krieg.

Der deutsche Leser kann wohl nur mit Kopfschütteln reagieren. Erst soll er spenden für Afrikas Hungerstaaten Äthiopien und Eritrea, und nun liefern sich beide Staaten einen mörderischen Krieg. Äthiopien versucht, den kleinen Bruderstaat Eritrea zu schlucken. Tausende fallen in den Angriffswellen der Äthiopier, Abertausende sind auf der Flucht, humanitäre Hilfe für die Dürreopfer wird mutwillig erschwert.

Der Weltsicherheitsrat hat mit einem Waffenembargo für beide Staaten reagiert, ein erster hilfloser Schritt, und man fragt sich: Warum erst jetzt? Adressat der Frage könnte das Sicherheitsratsmitglied Russland sein, bei dem Äthiopien auf dem Höhepunkt des Hungers vier Kampfflugzeuge kaufte.

Es hat eine Zeit der Ruhe gegeben in Afrika. Mitte bis Ende der 90er Jahre gab es hoffnungsvolle Signale für eine Demokratisierung, für wirtschaftlichen Aufschwung und für Friedensinitiativen. Derzeit aber schlägt das Pendel zurück. "Afrika ohne Hoffnung" titelte kürzlich der britische "Economist", eine ungerechte Schlagzeile, die mehr als 50 Staaten mit unterschiedlichsten Entwicklungen über einen Kamm schert. Tatsache ist aber, dass alte Krisenherde wieder schwelen, dass neue Konflikte aufbrechen. Am augenfälligsten ist das Entführungsdrama von Sierra Leone, wo immer noch 350 UN-Soldaten von Rebellen im Busch gefangengehalten werden - eine unglaubliche Demütigung für die Weltgemeinschaft, aber vor allem ein Katastrophensignal für die Menschen von Sierra Leone: Der acht Jahre währende Bürgerkrieg, einer der grausamsten in Afrika, scheint wieder auszubrechen.

Auch im Kongo ist kein Friede in Sicht, ein ums andere Mal sind neue Termine für einen Waffenstillstand gesetzt worden, doch die im Lande stationierten fremden Mächte, namentlich Uganda und Ruanda, liefern sich mittlerweile untereinander blutige Gefechte. 5500 UN-Soldaten sollen geschickt werden, um dort einen Frieden zu sichern, den es noch gar nicht gibt.

Von allen dreien Kriegsschauplätze, Eritrea, Sierra Leone und Kongo, ertönt der Ruf nach einem harten Eingreifen der Weltgemeinschaft. Das positive Beispiel Kosovo setzt auch in Afrika Maßstäbe. Dort wird aufmerksam registriert, dass weiße Soldaten zwar in Pristina eingreifen, sich abgesehen von britischen Fallschirmjägern in Freetown aber "zu fein" sind für einen Einsatz auf dem Schwarzen Kontinent. Immer häufiger wird eine Stimme "Afrikas" im Weltsicherheitsrat verlangt.

Das Eingreifen der UN und des Westens in Afrika ist halbherzig. Es ist immer noch bestimmt vom Trauma des Jahres 1993, als pakistanische UN-Soldaten und US-Soldaten in Mogadischu grausam von Milizen ermordet wurden, das unrühmliche Ende einer Friedensmission. Ein "Mourir pour Kinshasa, Freetown oder Asmara" ist seit Mogadischu in europäischen Staaten oder den USA politisch noch nicht durchsetzbar. So hat der Westen beim Beschluss über die UN-Friedenstruppe für Sierra Leone zwar eine höhere Truppenstärke gefordert, war aber nicht bereit zu einer eigenen Beteiligung.

Seit dem Genozid von Ruanda, bei dem die Weltgemeinschaft tatenlos zuschaute, setzt sich zwar die Ansicht durch, dass man Afrika nicht sich selbst überlassen kann. Aber die UN müssen ihre Missionen in Afrika besser planen, der Westen muss mehr Energie investieren. In Sierra Leone könnte im Verbund mit der westafrikanischen Eingreiftruppe Ecomog das Dilemma beendet werden. Im Kongo muß der UN-Einsatz neu überdacht werden, soll er nicht zum Himmelfahrtskommando werden. Und am Horn von Afrika muß die Weltgemeinschaft weiterhin den Dürreopfern und Kriegsvertriebenen helfen, selbst wenn unverantwortliche Regierungen dort Krieg führen.

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