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Der Journalist Mohammed Fahmy (l.) und Anwältin Amal Clooney (m.).

© dpa

Al Dschasira-Urteil: Erneuter Rückschlag für die Meinungsfreiheit in Ägypten

Das drastische Urteil gegen drei Al-Dschasira-Journalisten löst in der westlichen Welt Empörung aus. Die Journalisten müssen erneut ins Gefängnis.

Ägyptens Justiz hat erneut mit einem schockierenden Urteil gegen drei Korrespondenten von Al Dschasira in der westlichen Welt Kritik und Empörung ausgelöst. Die Vereinigten Staaten äußerten sich „tief enttäuscht“ und forderten die Führung in Kairo auf, „alles zu tun, dieses Urteil zu revidieren, welches die Meinungsfreiheit untergräbt“. Großbritannien, das Ex-Feldmarschall und Präsident Abdel Fattah al Sisi demnächst zum Staatsbesuch empfängt, erklärte, das Geschehen beschädige das Vertrauen in Ägyptens Weg hin zu langfristiger Stabilität. Die Europäische Union sprach von „einem Rückschlag für die Meinungsfreiheit in Ägypten“.

Ein Berufungsgericht in Kairo hatte am Wochenende das dreiköpfige Fernsehteam zu langen Haftstrafen verurteilt, auch wenn der Vorsitzende Richter das Strafmaß aus der ersten Instanz von sieben auf drei Jahre reduzierte. Er blieb jedoch bei dem Vorwurf, die Angeklagten hätten die Muslimbruderschaft unterstützt sowie der Nation durch falsche Berichte geschadet.

Journalisten müssen erneut hinter Gitter

Als angebliche Belege für diese Behauptungen hatte die ägyptische Staatsanwaltschaft während des Prozesses ein Sammelsurium aus Tierfilmen, Nachrichtensendungen anderer Fernsehstationen und Privatvideos präsentiert, das die ägyptische Polizei bei der Verhaftung der Angeklagten im Dezember 2013 beschlagnahmt hatte.
Vor Gericht standen der australische Journalist Peter Greste sowie seine Kollegen Mohammed Fahmy und Baher Mohammed, die – anders als während ihrer ersten Verhandlung 2014 – diesmal Haftverschonung hatten. Greste wurde in Abwesenheit verurteilt. Er war Anfang des Jahres nach einem Erlass von Präsident Sisi aus dem Gefängnis entlassen und abgeschoben worden. Sein ägyptischer Kollege Mohammed Fahmy, der auch einen kanadischen Pass hat, gab seine ägyptische Staatsbürgerschaft auf, um ebenfalls abgeschoben werden zu können. Anders als Greste durfte er jedoch das Land bisher nicht verlassen. Gegen das Urteil ist eine weitere Berufung möglich, die Journalisten jedoch müssen nun erneut hinter Gitter.

Amnesty International: „total unfair“

Greste reagierte mit scharfer Kritik. „Schockiert. Empört. Wütend. Aufgebracht. Nichts davon kann ausdrücken, was ich gerade fühle“, twitterte der Australier. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte das Verfahren „total unfair“ und „eine Farce“. Schon der Vorgängerprozess, der mit einer Strafe zwischen sieben und zehn Jahren Gefängnis endete, hatte weltweit beißende Kritik ausgelöst und dem globalen Ansehen Ägyptens schwer geschadet. Damals hatte der Richter den drei Angeklagten in seiner Urteilsbegründung unter anderem vorgeworfen, sie steckten mit dem Satan unter einer Decke. Für Präsident Abdel Fattah al Sisi, der sein Regime wieder international salonfähig machen will, ist das Ganze erneut eine große Blamage. Die maßlose Praxis der Justiz zeigt, dass al Sisi zunehmend Mühe hat, das Machtkartell seines Regimes aus Militär, Polizei, Justiz und Wirtschaft unter Kontrolle zu halten. Die Antagonismen zwischen den einzelnen Machtzentren wachsen, was das Agieren des ägyptischen Staates zunehmend inkohärent und willkürlich macht. Auf dem Index für Pressefreiheit bei „Reporter ohne Grenzen“ steht Ägypten auf Platz 158 von 180. Mindestens 18 Journalisten sitzen nach Angaben des „Komitees zum Schutz von Journalisten“ (CPJ) gegenwärtig hinter Gittern, die höchste Zahl seit der Gründung von CPJ im Jahr 1990.

Die Folgen vom Anti-Terrorgesetz

Das neue Anti-Terrorgesetz, welches Staatschef al Sisi vor zwei Wochen per Dekret in Kraft setzte, betrifft alle einheimischen und ausländischen Medienschaffenden. Es drohen Geldstrafen zwischen 23000 und 56000 Euro, ein einjähriges Berufsverbot oder Ausweisung, wenn die Journalisten bewusst „falsche Informationen zu im Inland verübten Terrorakten veröffentlichen, die von den offiziellen Erklärungen des Verteidigungsministeriums abweichen“.

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