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Politik: Al Masri: Die CIA hat mich gezielt entführt

Steinmeier weist Verdacht auf Beteiligung deutscher Behörden scharf zurück / Schäuble verteidigt Schilys Schweigen

Von Robert Birnbaum

Berlin - Der Deutsch-Libanese Khaled al Masri hat der CIA vorgeworfen, ihn gezielt verschleppt zu haben. „Mein Mandant ist der Auffassung, dass die Amerikaner ihn haben wollten“, sagte al Masris Anwalt Manfred Gnjidic dem Tagesspiegel am Sonntag. Gegen eine Verwechslung spreche, dass al Masri während seiner Gefangenschaft in Mazedonien und Afghanistan vor allem zu „Islamismus in Ulm und Neu-Ulm“ befragt worden sei. „Drei Viertel der Befragungen haben sich darauf bezogen“, sagte Gnjidic. Die Geheimdienstler seien bis ins Detail über al Masris Leben informiert gewesen.

Al Masri ist nach Darstellung seines Anwalts außerdem davon überzeugt, „dass er in Afghanistan von einem Deutschen verhört wurde“. So habe al Masri den perfekt Deutsch sprechenden Mann namens „Sam“ gefragt, ob er von einer deutschen Behörde sei. Dieser habe „nach Rücksprache mit den Amerikanern“ erklärt, er wolle darauf nicht antworten. Auch auf die Frage, ob deutsche Behörden informiert seien, habe er die Antwort verweigert. Ein hochrangiger deutscher Sicherheitsexperte sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, der Bundesnachrichtendienst, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz schlössen aus, dass es sich bei Sam um einen ihrer Mitarbeiter handelt.

Der frühere Kanzleramtschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wies den Verdacht einer Beteiligung deutscher Behörden zurück. Derartige Behauptungen seien „unverantwortlich“, sagte er der „Bild“. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte den Umgang seines Vorgängers Otto Schily (SPD) mit dem Fall. „Ich kann überhaupt nicht erkennen, was er falsch gemacht haben soll“, sagte Schäuble. Schily sei vom US-Botschafter Daniel Coats über den Fall unterrichtet worden, als al Masri schon wieder frei gewesen sei. Sein Vorgänger habe diese Information nur erhalten, weil er Vertraulichkeit zugesichert habe. „Darauf muss man sich verlassen können“, betonte Schäuble.

Dagegen kritisierte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), Schilys Verhalten. Wenn es stimme, dass die Regierung erst durch al Masris Anwälte von dem Fall erfuhr, stelle sich die Frage, warum Schily seine zuständigen Kabinettskollegen nicht informierte, sagte Däubler-Gmelin. Außerdem müsse geklärt werden, ob US-Botschafter Coats in dem Gespräch mit Schily Hinweise gegeben habe, dass al Masri Unrecht geschehen sei. In diesem Fall wäre unklar, „warum ein erfahrener Anwalt und Sozialdemokrat wie Schily nichts unternommen hat, damit das Unrecht schnell und ohne weitere Gerichtsverfahren wieder gutgemacht wird“.

Nach einem „Spiegel“-Bericht hat das Auswärtige Amt bewusst auf eine Erklärung oder Entschuldigung der US-Behörden verzichtet. Das Ministerium lehnte demnach Anfang 2005 eine Anfrage der deutschen Botschaft in Washington ab, ob man auf diplomatischen Kanälen aktiv werden solle. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ bereitet die Bundesregierung einen ausführlichen Bericht über den Fall al Masri und geheime CIA-Flüge vor. Es solle auch geklärt werden, welches Mitglied der Regierung Schröder wann von welchen Vorgängen wusste. Der Bericht werde nächste Woche fertig sein.

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