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Politik: Al Qaida tötet Dutzende in Algier

Mehr als 200 Verletzte nach Selbstmordanschlägen Experten warnen vor Terrorfront in Nordafrika

Madrid/Berlin - Bei den schwersten Anschlägen in Algier seit Jahren sind am Mittwoch mindestens 24 Menschen getötet und gut 200 weitere verletzt worden. Nachrichtenagenturen berichteten zum Teil sogar von mehr als 30 Toten. Ein Selbstmordattentäter riss vor dem Regierungspalast in Algeriens Hauptstadt elf Menschen mit in den Tod, sagte der Minister für nationale Solidarität. Bei einer etwa zeitgleichen Explosion vor einer Polizeistation im Osten der Stadt starben nach Krankenhausangaben zwölf Menschen. Auch im benachbarten Marokko herrschte nach dem Tod von fünf Menschen bei einer Razzia gegen Islamisten Angst vor einer neuen Terrorwelle. Experten warnen seit längerem vor einer neuen Terrorismusfront in Nordafrika.

Zu den Anschlägen in Algier bekannte sich im Internet die Gruppe „Al Qaida im Maghreb“. Sie veröffentlichte auf einer islamistischen Website Fotos der drei mutmaßlichen Selbstmordattentäter. Für Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin steht fest, dass die Organisation die Attentate geplant hat. „Das ist der Anschlag zur Umbenennung“ sagte der Terrorismusexperte. Die algerische GSPC – Groupe Salafiste pour la Predication et le Combat – hatte sich im Januar namentlich dem internationalen Terrornetzwerk Al Qaida angeschlossen, um den eigenen Einfluss neu zu beleben. Das sei „offenbar gelungen“, so Steinberg, inzwischen habe sich nicht nur „in ganz Nordafrika die Gefährdungslage verschärft“, sondern auch die Gefahr für Terroranschläge in Europa, besonders Frankreich und Spanien, sei weiter gestiegen.

Die GSPC war 2003 auch für die Entführung von 32 Touristen, unter ihnen viele Deutsche, in der Sahara verantwortlich. Im bayerischen Verfassungsschutzbericht von 2006 steht im Bezug auf die GSPC, Ermittlungen westlicher Sicherheitsbehörden wiesen „auf die Existenz mehrerer Unterstützerzellen von Anhängern in Europa hin“, unter anderem in Italien, Frankreich und Großbritannien. Eine Exilstruktur der GSPC in Deutschland sei aber „bisher nicht erkennbar“.

Möglicherweise sollten am Mittwoch noch weitere Anschläge stattfinden: Nach offiziell nicht bestätigten Berichten wurden zwei weitere Bomben in der algerischen Hauptstadt entschärft. Augenzeugen berichteten, dass die Rechtsfakultät der Universität Ben Aknoun wegen eines Sprengstofffundes evakuiert worden sei. Zudem sei in dem Viertel Hydra, wo etliche Botschaften ihre Residenz haben und hohe algerische Funktionäre leben, am späten Nachmittag eine etwa 30 Kilogramm schwere Autobombe entschärft worden.

Algeriens Premier Abdelaziz Belkhamed nannte die Attentate in Algier „kriminell und feige“. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft verurteilte die Anschläge „auf das schärfste“. Auch die Arabische Liga verurteilte die Attentate. In Marokko suchte die Polizei nach weiteren Islamisten. Sicherheitskräfte hatten in den Tagen zuvor nach eigenen Angaben eine Terrorzelle aufgedeckt, die Anschläge auf Kreuzfahrtschiffe und Hotels geplant haben soll. (mit dpa)

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