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Politik: Alarmstufe Rot

Sind die muslimischen Drohungen gegen Frankreich echt?

Frankreich hat viel Erfahrung mit Terrordrohungen und erhält, so ließ erst jetzt das Innenministerium wissen, Dutzende von terroristischen Erpresserbriefen pro Woche. Bislang wurden die Details solcher Schreiben meist nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben. Nach der Anschlagsdrohung eines angeblichen muslimischen Kommandos scheint der Fall anders zu liegen: „Transparenz" heißt die Devise, nicht zuletzt, um nicht unnötig Panik in der Bevölkerung zu schüren.

Nur sechs Tage nach den Anschlägen von Madrid und vier Tage vor den für Frankreich wichtigen Regionalwahlen gingen zwei Briefe einer bislang unbekannten islamistischen Terrorgruppe bei den beiden Tageszeitungen „Le Parisien" und „Le Monde" ein. Die Pariser Regierung will alles vermeiden, dieselben Fehler wie Spaniens Regierung in der vergangenen Woche zu machen, nämlich auch nur irgendetwas zu vertuschen. Viele Ergebnisse gibt es bislang allerdings nicht. Innenminister Nicolas Sarkozy sagte lediglich: „Der Drohbrief weist keine Ähnlichkeiten mit den üblichen Schreiben islamistischer Terroristen auf." Eine Falle also, ein böser Scherz oder eine Nachahmungstat im Zuge der aktuellen Terrorwelle?

Polizei, Geheimdienste und eine Sondereinheit im Innenministerium arbeiten seit zwei Tagen auf Hochtouren an der Identifizierung des „in gutem Französisch“ verfassten Textes. In dem an Premier Jean-Pierre Raffarin gerichteten Schreiben wird unter Androhung von Attentaten gefordert, das in Frankreich am 10. Februar verabschiedete gesetzliche Verbot des islamischen Kopftuchs an öffentlichen Schulen zurückzunehmen. Unterzeichnet wurde der Brief von einem Kommando Mowsar Barajew. Dieser war Anführer jener tschetschenischen Terroristen, die im Oktober 2002 die Zuschauer eines Moskauer Musicals als Geiseln genommen hatten. In dem Drohbrief wurde allerdings der Vorname Barajews falsch geschrieben.

Noch reagieren die Behörden und die Bevölkerung mit Besonnenheit. Klaglos nehmen die Passagiere auf Flughäfen sowie Fern-, Nahverkehrs- und U-Bahnhöfen die Personen- und Gepäckkontrollen hin. Tausende von Beamten sind zusätzlich eingesetzt. Schon seit dem vergangenen Wochenende gilt die höchste Alarmstufe „Vigipirate Rouge", was auch bedeutet, dass Gepäcknetze und Schließfächer gesperrt sind.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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