zum Hauptinhalt

Alexander Lukaschenko: Chinas Freund in Europa

Sanktionsdrohungen der EU können Alexander Lukaschenko nicht mehr schocken: Nach seinem von Angst und Schikanen überschatteten Wahlsieg wies Weißrusslands Staatspräsident weit nach Osten, um seine Freunde zu benennen.

Minsk - Er sei stolz, China, Indien und natürlich Russland zu seinen Verbündeten zu zählen, betonte der seit 1997 von der EU isolierte «letzte Diktator Europas». Mehr als 10.000 Menschen hatten ihm noch am Wahlabend die Gefolgschaft aufgekündigt. Weißrusslands wiedererstarkte Opposition will dem Weg der Nachbarn Litauen, Polen und Ukraine in Richtung Westen folgen.

Zur Überraschung vieler reagierte der vom sowjetischen Geheimdienst KGB geprägte Staatsapparat nicht wie sonst üblich mit Polizeigewalt und Festnahmen auf die Proteste der Opposition. Eine Erklärung für die Zurückhaltung der Macht gab Lukaschenko persönlich. Er habe den Russen kein zusätzliches Problem mit dem Westen bescheren wollen, sagte der von Moskau massiv unterstützte Lukaschenko. Im Gegensatz zu anderen Präsidentenwahlen in der Region hatte der Kreml zu den Ereignissen in Weißrussland geschwiegen.

Beobachter in Moskau gehen davon aus, dass Kremlchef Wladimir Putin um beinahe jeden Preis einen offenen Konflikt mit dem Westen wie zuletzt bei der Revolution in der Ukraine Ende 2004 vermeiden will. Putin möchte als G8-Vorsitzender in diesem Jahr sein Land im exklusiven Club der größten Industriestaaten etablieren. Da ist zu viel Nähe zum «Vorposten der Tyrannei», wie US-Außenministerin Condoleezza Rice das Lukaschenko-Reich nennt, nicht angebracht.

Eine zu enge Freundschaft will Lukaschenko mit dem slawischen Brudervolk Russland allerdings auch nicht wagen. Auf die Frage, ob denn nicht bald ein einziger Präsident die Union aus Weißrussen und Russen regieren werde, hielt sich Lukaschenko am Montag bedeckt. «Im Leben ist alles möglich, ich schließe nichts aus», orakelte Lukaschenko, der sein Land zwar mit billigem russischen Erdgas über Wasser hält, aber selbst auf keinen Fall einer Wiedervereinigung zum Opfer fallen will.

Ungeachtet der angeblich fast 83 Prozent Stimmen für Lukaschenko geht die weißrussische Opposition gestärkt aus der Präsidentenwahl hervor. Es gelang den Dutzenden Parteien und Bewegungen, sich auf einen einzigen Kandidaten, Alexander Milinkewitsch, zu einigen. Im Gegensatz zur glücklosen Wahl 2001 konnte die Opposition ihrem Mann diesmal auch zu politischem Gewicht verhelfen. Angesichts der Einschüchterungsversuche bis hin zur angedrohten Todesstrafe für Demonstranten bedeuten die mehr als 10 000 unerschrockenen Regimegegner einen moralischen Erfolg für die Opposition.

Unter den Lukaschenko-Gegnern herrscht aber weiterhin die Angst, dass die Zurückhaltung der Staatsmacht nicht von Dauer sein wird. «Sobald die ausländischen Journalisten und Wahlbeobachter weg sind, können sich die Verhältnisse bei uns wieder sehr schnell ändern», sagt der Vorsitzende des «Rates der weißrussischen Intelligenzija», Wladimir Kolas. Jeder der Demonstrationsteilnehmer wisse sehr genau, dass er schon bald das Schicksal der zu hunderten inhaftierten Gesinnungsgenossen teilen könnte. (Von Stefan Voß, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false