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ALG I: Union streitet weiter über Rüttgers-Vorschlag

Die CDU streitet weiterhin über den Vorschlag von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), die Dauer des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitslose mit vielen Beitragsjahren zu verlängern.

Berlin - "Eine solche Regelung würde besonders Frauen diskriminieren, weil viele von ihnen weniger Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben", sagte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) der "Welt am Sonntag". Vor einer Kostenlawine warnte die Bundesagentur für Arbeit (BA). SPD-Chef Kurt Beck verlangte zum Arbeitslosengeld ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Rüttgers hatte vorgeschlagen, älteren Arbeitslosen das Arbeitslosengeld I länger zu zahlen. Im Gegenzug solle bei jüngeren Arbeitslosen gekürzt werden. Die Auszahlung solle nach der Dauer der Einzahlung in die Sozialversicherung gestaffelt werden. Ein längerer Bezug von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer würde "immer eine Kürzung für andere Beitragszahler mit sich bringen", sagte Althaus deswegen der "B.Z. am Sonntag". "So würden wir ältere gegen Jüngere ausspielen."

"Vorschlag populär, aber problematisch"

Auch CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisierte Rüttgers. "Der Vorschlag ist zwar populär, aber doppelt problematisch", sagte er der "WamS". So könnten Leistungskürzungen für jüngere Arbeitslose besonders junge Familien treffen. Schließlich sei es keine faire Arbeitsteilung, wenn aus Düsseldorf mehr Sozialleistungen versprochen würden, aber die Gegenfinanzierungen in Berlin beschlossen werden sollten. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", "ich glaube, dass Kürzungen bei jüngeren Arbeitnehmern, die arbeitslos werden und weniger Beitragsjahre haben, kaum vermittelbar sind."

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) versuchte die Wogen zu glätten. Es gehe hier um eine "reine Parteiangelegenheit", sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. "Nicht alles, was Regierungsparteien beschließen, wird Gegenstand des Regierungshandelns." Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) spielte den Streit im Münchner Magazin "Focus" als "technische Frage" herunter.

SPD-Chef Kurt Beck nannte den Vorschlag von Rüttgers eine Zumutung, weil die Kosten dafür von rund 1,2 Milliarden Euro bei jüngeren Arbeitslosen "reingeholt werden" müssten. In der "Süddeutschen Zeitung" forderte Beck Merkel auf, dazu Stellung zu nehmen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte der "Berliner Zeitung", seine Partei werde gegen die Vorschläge von Rüttgers erbitterten Widerstand leisten.

Beck solle sich "einfach mal heraushalten"

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nahm Rüttgers dagegen in Schutz. Die Forderung, das Arbeitslosengeld zu staffeln, sei "aktuelle Beschlusslage der Partei", sagte Pofalla der "WamS". Zugleich forderte er die SPD zur Zurückhaltung auf. Es gehe hier um einen Antrag für den CDU-Parteitag und "nicht um einen Parteitag der großen Koalition". Daher solle Beck sich "einfach mal heraushalten".

Zweifel an der Zusage einer kostenneutralen Lösung gibt es in der Bundesagentur für Arbeit. Dem Ziel von Rüttgers, mehr Gerechtigkeit für ältere Erwerbslose zu schaffen, könne "nicht zuverlässig und nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand entsprochen werden", heißt es laut "Süddeutscher Zeitung" in einem Schreiben von BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt. So verfüge die BA gar nicht "über Daten zu langjährigen Erwerbsbiographien". Dies nachzuholen, würde demnach rund eine Milliarde Euro kosten.

Bedenken äußerte auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der BA. Laut "SZ" wird befürchtet, eine Umsetzung des Rüttgers-Vorschlages würde für Betroffene den Anreiz verringern, sich eine Stelle zu suchen. Im "Spiegel" hieß es zudem unter Berufung auf das IAB, viele ältere Arbeitslose müssten durch eine solche Neuregelung sogar Einbußen hinnehmen, während einige jüngere Arbeitslose Ansprüche auf zusätzliche Leistungen hätten. (tso/AFP)

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