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Politik: Alle gegen Schröder und Chirac

Was amerikanische Medien zur Krise der Europäischen Union sagen

Berlin - Verfassungsdebakel, Briten-Rabatt, EU-Erweiterung: Auch in den amerikanischen Medien ist die Krise der Europäischen Union, zumindest in den einflussreichen Zeitungen und Zeitschriften, ein Thema. Auffällig ist, dass Blätter, die üblicherweise sehr unterschiedlicher Meinung sind, plötzlich das Gleiche fordern: Gerhard Schröder und Jacques Chirac müssen weg. Irwin M. Stelzer etwa, Journalist bei der neokonservativen Wochenzeitung „Weekly Standard“, hofft, dass Deutschland 2005 und Frankreich 2007 Regierungen wählen, die „weniger feindselig“ gegenüber Washington sind. Chiracs parteiinterner Rivale Nicolas Sarkozy und Angela Merkel wären im Falle von Wahlerfolgen „gute Nachrichten für die Vereinigten Staaten“. Am anderen Ende des politischen Spektrums, in der 43. Straße von Manhattan, diskutiert ein Autor der linksliberalen „New York Times“ ebenfalls den Machtwechsel in Paris und Berlin. Zwar ist das Argument ein anderes; statt um transatlantische Harmonie geht es um das Wohl der EU selbst. Das Urteil über Schröder und Chirac aber ist das gleiche: Gute Führung sei derzeit „das größte Defizit“ der EU. Beim liberalen „Wall Street Journal“ regt sich Paul Johnson besonders über die geplante EU-Verfassung auf: ein „unsinniges Dokument“. Schuld an der Krise auch hier: Europas Eliten, „besonders in Frankreich und Deutschland“. Den neuen französischen Premier Dominique de Villepin beschimpft Johnson gar als „frivolen Playboy“, der von niemandem gewählt worden sei. „USA Today“, die Zeitung mit der größten Verbreitung in den Vereinigten Staaten, warnt, die EU laufe Gefahr, eine „Paralyse“ zu erleiden – solange Schröder und Chirac im Amt seien.

Alles furchtbar in der alten Welt? Nicht ganz. Gary Younge von der linken Wochenzeitung „The Nation“ freut sich über das französische Non und das niederländische Nee. Die Referenden böten die Chance zur Reform. Um ein „progressives Gegengewicht zu einer unipolaren Welt“ zu sein, müsse die EU im Innern auf mehr Bürgerbeteiligung setzen.

Felix Serrao

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