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Politik: Alle Hände voll zu tun

Bei den Streitereien innerhalb der CDU und mit der CSU muss Merkel Führungsstärke beweisen

Berlin - Wenn zu Beginn der nächsten Woche das CDU-Präsidium und die Unionsfraktion zusammenkommen, wird es ernst für Angela Merkel. Dann muss die CDU-Chefin zeigen, dass sie die Fäden in der Union noch fest in der Hand hält. Die Dauerfehde mit der CSU um die Gesundheitsreform, der Streit um die Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei und der Rückzug von Fraktionsvize Friedrich Merz schaden nicht nur den Umfragewerten, sie werfen auch die Frage nach der Führungsfähigkeit der Parteivorsitzenden auf.

Schnelle Antworten wird Merkel aller Voraussicht nach nicht liefern können – zur Freude ihrer innerparteilichen Gegner. Genüsslich können Konkurrenten wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch zusehen, wie Merkels Autorität in der Auseinandersetzung mit der CSU leidet.

Beispiel Unterschriftenkampagne: Getrieben von der Schwesterpartei, hatte die CDU-Chefin die umstrittene Aktion öffentlich zur Option erklärt. Dann gingen CDU-Landesverbände reihenweise auf Distanz, darunter auch die Christdemokraten in Nordrhein-Westfalen. In der Vorstandssitzung am Dienstagabend hagelte es Kritik an der Idee. Teilnehmer berichteten von „großer Verärgerung über den neuen Alleingang der CSU“. Parteichefin Merkel wurde bei dem Treffen zwar nicht in Mithaftung genommen, aber zumindest nach außen steht sie ohne breite Unterstützung ihrer eigenen Partei da.

Beispiel Gesundheitsreform: Merkel, die ihre politische Zukunft mit einem Systemwechsel im Gesundheitswesen verknüpft hat, ist dringend auf eine Einigung mit der CSU angewiesen. Doch die Bayern sehen keinen Grund zur Eile. „Ein Ergebnis vor den Parteitagen von CDU und CSU in diesem Jahr wäre gut“, verkündete am Donnerstag der bayerische Bundesratsminister und Stoiber-Vertraute Erwin Huber – und fügte hinzu: „Wenn wir es bis dahin nicht schaffen, geht die Welt auch nicht unter.“

Für Merkel trifft das Gegenteil zu. Sie muss in Düsseldorf einen Kompromiss vorweisen, um das Delegiertentreffen wie geplant zur vorgezogenen Entscheidung über ihre Kanzlerkandidatur zu machen. Denn Kanzlerkandidatin kann nur werden, wer die Unionsparteien einen kann.

In der CDU wächst der Ärger über die Blockade der CSU. So wurde NRW-Landeschef Jürgen Rüttgers von seinem Landesverband beauftragt, im Präsidium der Bundespartei Rücksichtnahme auf die Wahlkämpfer in NRW und SchleswigHolstein einzufordern. „Die CSU sollte Rücksicht nehmen, da wir vor schweren Landtagswahlen stehen“, sagte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz.

Zu einem Härtetest droht für Merkel auch die Personalie Merz zu werden. Der Rückzug des Wirtschafts- und Finanzexperten reißt eine Lücke in die Fraktionsführung, die Merkel schließen muss. Die Spekulationen in der CDU konzentrieren sich inzwischen auf den Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten Franz-Josef Laumann, den Finanzexperten Michael Meister und Fraktionsvize Wolfgang Schäuble, der bisher für Außenpolitik zuständig ist. „Schäuble könnte eine Alternative sein. Er wäre hervorragend geeignet“, sagte der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann.

Unterstützung erhielt Merkel am Donnerstag von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus. „Man kann durch heiße Tage auch gestählt werden", sagte er. Auch die Kanzlerkandidaten-Frage ist für Althaus im Grunde geklärt: „Frau Merkel leitet die CDU seit vier Jahren und hat sie erfolgreich als erste Oppositionskraft profiliert." Es gehe jetzt „nicht mehr um ein Championat, an dem mehrere Läufer beteiligt sind“. Das sehe auch die CSU so.

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