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Politik: Allein am Gipfeltisch

Damaskus lädt zum Treffen der Arabischen Liga – doch wegen Syriens Libanonpolitik hagelt es Absagen

Der Gipfel der Arabischen Liga am Wochenende in Damaskus steht unter keinem guten Stern: Nachdem bereits Saudi-Arabien angekündigt hatte, nur eine Delegation niedrigen Ranges in die syrische Hauptstadt zu schicken, wird auch Ägypten nicht einmal den Außenminister zum Gipfel schicken. Stattdessen soll der Minister für Parlamentarische Angelegenheiten, Mufid Schehab, Ägypten beim jährlichen Gipfel vertreten. Dies erklärte Außenminister Abul Gheit am Mittwoch. Damit wird die tiefe Spaltung der arabischen Welt in der Libanonfrage deutlich.

Bereits am Montag hatte die Regionalmacht Saudi-Arabien entschieden, nur den Botschafter bei der Arabischen Liga zum Gipfel nach Damaskus zu entsenden. Dies ist ein einmaliger Vorgang, denn wenn weder König noch Kronprinz an einem Gipfel teilnehmen, war bisher immer Außenminister Prinz Saud al Faisal gefahren. Das libanesische Kabinett hatte am Dienstag einen totalen Boykott des Gipfels beschlossen. Libanon hätte gerne seinen Präsidenten geschickt und wolle mit der Absage gegen den Status quo im Zedernstaat protestieren, sagte Informationsminister Ghazi Aridi.

Der Libanon steckt in der tiefsten politischen Krise seit dem Ende des Bürgerkriegs und hat keinen Präsidenten, seit die Amtszeit von Emile Lahoud im vergangenen November abgelaufen ist. Am vergangenen Montag war die 17. Sitzung des Parlaments zur Wahl eines neuen Präsidenten auf Ende April verschoben worden, weil es keine Einigung auf einen Kandidaten gibt. Wie auch Ägypten, Saudi-Arabien und die USA macht die Rumpfregierung von Ministerpräsident Fuad Siniora dafür Syrien verantwortlich. Damaskus unterstützt die radikale Hisbollah-Bewegung, die eine Führungsrolle in der libanesischen Opposition einnimmt.

Arabische Gipfeltreffen sind in der Regel von der Frage überschattet, wer denn eigentlich teilnehmen wird. Der libysche Staatschef Muammar al Gaddafi hatte den Gipfel im vergangenen Jahr in Riad wegen „Ineffizienz“ boykottiert. Andere Gipfel hatte er torpediert, indem er die Abschlusserklärung vor Beginn im Fernsehen verlas. Aber auch seriösere Staatschefs bleiben regelmäßig den jährlichen Treffen fern. Ansonsten beschäftigen andere Marginalien die Teilnehmer. So hatte beim Gipfel in Beirut 2002 Syrien die Videoverbindung zum verhassten Palästinenserführer Jassir Arafat gekappt, der zu den Amtskollegen sprechen wollte. Diesmal soll Syrien die Libanesen verärgert haben, weil die Gipfeleinladung während der Abwesenheit von Regierungschef Siniora an einen prosyrischen Ex-Minister ausgehändigt wurde, der die Regierung 2006 aus Protest verlassen hatte. In Saudi-Arabien zeigte man sich pikiert darüber, dass ein unbedeutender Minister die Einladung zum Gipfel überbrachte. Damit hat Syrien provokativ gegen protokollarische Gepflogenheiten verstoßen.

Doch hinter den Zerwürfnissen steht die Krise im Libanon, ein klassischer Stellvertreterkonflikt, bei dem sich die USA auf der einen Seite sowie der Iran und Syrien auf der anderen Seite gegenüberstehen. Die USA stützen die prowestliche Regierung von Siniora, die seit dem Rücktritt von sechs prosyrischen Ministern handlungsunfähig ist. Auch Saudi-Arabien, das eng verbunden war mit Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri, stützt die „Zukunftsbewegung“ von dessen Sohn Saed, welche die letzten Parlamentswahlen gewann. Riad hat darüber hinaus handfeste wirtschaftliche Interessen im Libanon, wohin Milliardeninvestitionen aus dem wahabitischen Königreich geflossen sind. Auch der US-Alliierte Ägypten stützt Siniora, während Syrien und der Iran der Hisbollah den Rücken stärken, die eine Vetomacht im Kabinett fordert. Die USA hatten vergangene Woche die arabischen Länder aufgefordert, sich eine Teilnahme am Gipfel in Damaskus gut zu überlegen.

Arabische Gipfel mit oder ohne Teilnahme aller Könige und Präsidenten haben auch in der Vergangenheit selten handfeste Ergebnisse gebracht. Eine Ausnahme war das Friedensangebot an Israel, das auf saudische Initiative 2002 in Beirut vorgestellt, jedoch vom damaligen israelischen Premier Ariel Scharon sogleich zurückgewiesen wurde.

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